Obama und die Demokraten feiern einen Durchmarsch (mit Videos)
Es war ein Durchmarsch für die Demokraten: US-Präsident Barack Obama wurde mit einer überraschend klaren Mehrheit an Elektorenstimmen für weitere vier Jahre im Amt bestätigt. Auch konnten seine Parteifreunde im Senat ihre bisher knappe Mehrheit ausbauen.
Washington. Die ersten Wahllokale schlossen um 19 Uhr Ortszeit, einige blieben eine Stunde länger offen, und lange Zeit lief alles nach Plan. In vorwiegend liberalen Staaten an der Atlantikküste erklärten die führenden Nachrichtensender unumwunden Präsident Barack Obama zum Sieger.
Dann ging es Schlag auf Schlag: Kentucky, South Carolina, Alabama, Mississippi, Oklahoma, Arkansas. Die konservativen Südstaaten standen geschlossen hinter Obamas republikanischem Herausforderer Mitt Romney. Um 22 Uhr hatte es noch den Anschein, als könnte Romney aus der monatelangen Schlammschlacht ums höchste Amt im Lande als Sieger hervorgehen. Er hatte bereits 152 der erforderlichen Wahlmännerstimmen auf dem Konto, Obama nur 123.
Zum Vergleich: Vor vier Jahren war zur selben Zeit schon längst klar, dass der Republikaner John McCain chancenlos war und der 44. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika Barack Hussein Obama heißen würde. Doch plötzlich wurden Erinnerungen an jenes schicksalträchtige Wahljahr 2000 wach, das Amerikas antiquiertes Wahlsystem und die lächerliche Debatte um "nicht vollständig durchgestanzte Lochkarten" zum Gespött der Weltöffentlichkeit machte.
Eine halbe Million Direktstimmen mehr hatte der demokratische Kandidat Al Gore auf dem Konto, doch 36 Tage später erklärte der Oberste Gerichtshof George W. Bush zum Sieger. Würde es zu einer Neuauflage des Schreckensszenarios nach der Millenniumswahl kommen?
Lange Zeit lag Romney gut zwei Millionen Stimmen vor dem Amtsinhaber. Dann aber wurden die ersten Auszählungsergebnisse aus Florida bekannt, jenem Staat, der vor zwölf Jahren das Wahlfiasko ausgelöst hatte. Die 29 Elektorenstimmen aus dem "Sonnenscheinstaat" hatten sich die Strategen des Republikaners längst in die Tasche gerechnet. Schließlich unterstützen gut zwei Drittel der sogenannten "Schneevögel" Mitt Romney.
Gemeint sind jene gut betuchten, weißhaarigen, braungebrannten Rentner, die ihren Lebensabend in Florida verbringen, einen nicht geringen Teil der Gesamtbevölkerung ausmachen und mehrheitlich hinter dem wohlhabenden Republikaner stehen. Doch es sollte ganz anders kommen. Der Präsident hatte knapp die Nase vorn.
Je mehr Bezirke ausgezählt wurden, desto größer wurde der Abstand. Entscheidend waren in Florida nämlich letzlich nicht wohlhabendere Weiße, sondern Ärmere und ethnische Minderheiten, die an diesem Wahltag deutlich engagierter waren, als Experten erwartet hatten. Vor allem Exilkubaner und andere Latinos, in Florida noch stärker vertreten als die Schneevögel, standen bis zu vier Stunden lang vor Schulen Kirchen und Freizeitzentren.
Dann die nächste Wende: Ein Staat nach dem anderen ging auf das Konto des Präsidenten: Michigan, wo sein Einsatz für das Bailout der Autoindustrie zweifellos ins Gewicht fiel. Colorado, Iowa, Pennsylvania, selbst Wisconsin, der Heimatstaat des republikanischen Vizepräsidentschaftskandidaten Paul Ryan, stimmte mehrheitlich für den Präsidenten. Kurz nach 23 Uhr Ostküstenzeit war es dann soweit. Obama hatte 274 Elektoren und lag früher als erwartet uneinholbar in Führung.
Fraglich ist nun, ob er während der kommenden vier Jahre mehr erreichen kann. Schließlich haben führende Republikaner bereits signalisiert, dass sie nun erst Recht dem Präsidenten den Kampf ansagen wollen und jede Gesetzesinitiative, die aus dem Weißen Haus kommt, blockieren wollen.