Raketenschild: Moskau stellt Bedingungen

Die Technik ist recht weit, doch Russland und die USA bewegen sich nicht aufeinander zu.

Brüssel. Im März werden Nato-Experten bei München eine spannende Übung abhalten: Was tun, wenn feindliche Raketen — zum Beispiel aus dem Iran — im Anflug auf das Bündnis-Gebiet sind? Wer muss was machen, um die Abwehrstellungen zu aktivieren und die Flugkörper noch in der Luft auszuschalten?

Bei der Simulation werden auch russische Fachleute anwesend sein. Schließlich ist das westliche Bündnis mit Moskau im Gespräch, ob und wie man sich gemeinsam gegen die Raketen-Bedrohung schützten könnte. Das Problem: Die Russen haben völlig andere Vorstellungen.

Schon vor drei Jahrzehnten erregten die „Star-Wars”-Pläne des damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan die Gemüter. Seit Reagans wenig erfolgreichem Vorhaben, „eine Kugel mit einer Kugel abzuschießen”, sind die Techniker mächtig voran gekommen. Nach Auskunft von Nato-Fachleuten sind die Chancen mittlerweile sehr groß, eine ballistische — also ohne eigenen Antrieb fliegende — Rakete zu zerstören, bevor sie den Boden erreicht.

Über die Raketen selbst verfügen längst nicht mehr nur die großen Militärmächte. Als besonders beunruhigend gelten Nordkorea mit seinen Arsenalen und Iran mit seinen Shahab-Modellen. Dort summieren sich technische Fähigkeit und politische Aggressivität zur realen Bedrohung.

Das Abwehrsystem soll bis 2020 ganz Europa und den Nahen Osten schützen. Auf dem Gipfel im Mai will das Bündnis die erste Etappe abschließen, mit Vereinbarungen über Personal, Führungssystem und Einsatz-Regeln.

2010 hatte die Nato Russland zur Kooperation eingeladen. Daraus ist nicht viel geworden. Nach wie vor sieht Moskau in den Plänen einen Versuch, das eigene Nuklear-Arsenal zu entwerten. Das müsse durch bindende Verträge ausgeschlossen werden.

Außerdem fordern die Russen, ihre eigenen Fähigkeiten und die der Nato zu einem echten Verbund-System zusammenzuschließen. Die Nato ist jedoch nur zu einer Kooperation bereit. Anstelle eines Vertrags möchte der Westen es zudem bei politischen Versicherungen belassen. Dass die Kluft bis Mai überbrückt werden kann, gilt als unwahrscheinlich: Russland und die USA stecken im Wahlkampf — das macht die Spielräume allzu eng.