Rhetorik-Spezialist zum Fernseh-Duell: Rüttgers war beredsamer
Münster (dpa). 13 Tage vor der Landtagswahl in Nordrhein- Westfalen sind die beiden Spitzenkandidaten Hannelore Kraft (SPD) und Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) zum TV-Duell im WDR angetreten.
Der Leiter des Centrums für Rhetorik und Kommunikation der Universität Münster, Dr. Ortwin Lämke, beurteilt im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur, wer von beiden rhetorisch den besseren Auftritt hingelegt hat.
Wer hat rein rhetorisch das Duell gewonnen?
Lämke: „Von der Ansprache her eher Rüttgers. Er hat sich alspolitikerfahrener Staatsmann gegeben. An verschiedenen Stellen hat ergesagt: "Ich will, dass...", "Ich habe gerade dieses und jenesveranlasst" - das hört sich an, als würde er die Dinge umsetzenkönnen. Er hat Frau Kraft auch angegriffen, sie unterbrochen. Dabeiist er höflich und souverän geblieben, hat etwa gesagt "liebe FrauKraft".“
Und Frau Kraft?
Lämke: „Ihr Problem war, dass sie sich vielleicht zu sehr an dieSpielregeln gehalten hat. Sie wollte zeigen: Ich bin kompetent, ruhig- und fähig, Ministerpräsidentin zu sein. Sie hätte alsOppositionsführerin aber Rüttgers attackieren müssen. Das hat sienicht geschafft. Die entscheidende Schwäche des Abends war, dass siebei der Koalitionsfrage zur Linken keine klare Position bezogen hat.“
Konnte Kraft auch punkten?
Lämke: „Ja, sie hat versucht, Lebenserfahrung einzubringen. Das istihr teilweise gelungen mit Sätzen wie "ich als Mutter", "ich hab jamal Unternehmen beraten". Rüttgers hat gekontert und signalisiert:"ich bin im Gespräch mit allen, es ist noch nicht alles gelöst, aberich bin dran". Das Duell entschied er aber am Schluss.“
Was ist da passiert?
Lämke: „Beide konnten den Zuschauer direkt ansprechen. KraftsPositionen waren nicht so klar geordnet. Sie hat einfach wiederholt,was sie vorher schon gesagt hatte. Rüttgers hat eine emotionaleAnsprache gehalten. Er begann mit "NRW ist ein wunderschönes Land"und "NRW muss stabil bleiben". Das ist sehr suggestiv. Er meinteeigentlich: "Wenn ihr wollt, dass NRW stabil bleibt, dann wähltmich." Am Ende bat er: "NRW braucht Ihre Unterstützung. Ich bitte Sieherzlich um Ihre Stimme." Das hatte etwas Demütiges. Es war dereinzige Moment in dem Duell, indem Gefühl aufkam.“