Schäuble fordert ein „Gesicht“ Europas
Finanzminister mit dem Karlspreis ausgezeichnet.
Aachen. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) drängt angesichts der Finanzkrise und Europas politischem Gewichtsverlust auf eine nächste Stufe der europäischen Einigung schon in den kommenden fünf Jahren. „Die Welt wird nicht allzu lange auf uns warten”, sagte Schäuble in seiner Dankesrede zur Verleihung des Aachener Karlspreises.
Er schlug vor, nach 2017 die EU-Architektur durchgreifend zu ändern. Die Kommission müsse unter einem direkt gewählten Präsidenten eine echte, von einem Zwei-Kammern-Parlament kontrollierte Regierung für alle Bereiche werden, die europäischer Regelung bedürften. „Wir müssen jetzt die politische Union Europas schaffen!”
Schäuble sagte, es gehe nicht um einen europäischen Superstaat. So viel wie möglich solle in regionaler und nationaler Verantwortung bleiben. Auch dürfe die Kommission als Brüsseler EU-Schaltzentrale nicht ständig neue bürokratische Vorschriften austüfteln, sondern sich mehr um die Einhaltung der bestehenden Vereinbarungen kümmern.
In der Außen- und Sicherheitspolitik, bei der Vertretung in internationalen Organisationen und in der Wirtschafts- und Währungspolitik könne sich Europa aber nur mit mehr Gemeinsamkeit behaupten. „Wenn wir die Welt im 21. Jahrhundert weiterhin mitgestalten wollen, müssen wir das gemeinsam tun.”
Der 69-jährige Schäuble erhielt den Karlspreis für „seine herausragenden Verdienste um die Überwindung der Teilung Deutschlands und Europas”. Luxemburgs Ministerpräsident Jean-Claude Juncker lobte den Deutschen in seiner Laudatio als europäischen Patrioten in der Tradition Konrad Adenauers und Helmut Kohls.