Schäuble: Volksabstimmung zu Umbau der EU bald möglich
Berlin (dpa) - Bei einer Abgabe von mehr Kompetenzen an die EU kann sich Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bald eine Volksabstimmung über eine neue deutsche Verfassung vorstellen.
„Wann es so weit sein wird, weiß ich nicht, weiß wohl keiner. Aber ich gehe davon aus, dass es schneller kommen könnte, als ich es noch vor wenigen Monaten gedacht hätte“, sagte Schäuble dem Magazin „Der Spiegel“. Auf dem EU-Gipfel in der kommenden Woche würden Vorschläge für eine vertiefte Integration vorgestellt, so Schäuble.
Der Minister forderte, Entscheidungen nach Brüssel abzugeben. „Wir müssen in wichtigen Politikbereichen mehr Kompetenzen nach Brüssel verlagern, ohne dass jeder Nationalstaat die Entscheidungen blockieren kann.“ Um dies zu legitimieren, schlug er vor, den Präsidenten der EU-Kommission direkt wählen zu lassen. Zudem müsse das EU-Parlament gestärkt werden, indem es das Recht zu Gesetzesinitiativen bekomme. Zudem schlug er eine Vertretung der Länder nach Vorbild des Bundesrats oder US-Senats vor, in der Gesetze genauso wie im Parlament eine Mehrheit finden müssten.
Das Europa der Zukunft werde aber kein föderaler Staat sein nach dem Vorbild der USA oder der Bundesrepublik. „Es wird eine eigene Struktur haben. Das ist ein hochspannender Versuch.“
Schäuble lehnte Eurobonds weiterhin ab, solange es keine Fiskalunion gebe, in der Nationalstaaten Kompetenzen in der Haushaltspolitik abträten. Auf die Frage, wie die Fiskalunion aussehen müsse, damit Deutschland europäische Staatsanleihen akzeptiere, sagte er: „Im Optimalfall gäbe es einen europäischen Finanzminister. Der hätte ein Vetorecht gegen einen nationalen Haushalt und müsste die Höhe der Neuverschuldung genehmigen. Wofür die Länder das bewilligte Geld ausgeben würden [...], bliebe ihnen innerhalb der genehmigten Obergrenze überlassen.“