Schicksalstage für Athen und den Euro
Die griechische Regierung soll noch mehr sparen. Unter den Bürgern wächst der Widerstand.
Luxemburg/Athen. Seit mehr als einem Jahr gilt Griechenland als schwer kranker Patient der Euro-Zone — und der soll nach dem Willen der Europäer noch mehr bittere Medizin schlucken, um gesund zu werden. Die Medizin, die die Euro-Finanzminister empfehlen, lautet: sparen, sparen, sparen. Erst wenn das griechische Parlament seine Sparzusagen und ein Privatisierungsprogramm von 50 Milliarden Euro beschlossen hat, wollen die Euro-Finanzchefs über neue Milliardenhilfen entscheiden. Dies ist das Ergebnis eines Verhandlungsmarathons in Luxemburg.
Die Enttäuschung darüber war gestern riesengroß. Der Euro rutschte ab, in Griechenland gab es heftige Reaktionen. Doch warum riskieren die Euro-Länder so viel? Ein EU-Diplomat sagt: „Die Retter sind einfach rettungsmüde.“ Seit mehr als einem Jahr schnüren EU und Internationaler Währungsfonds ein Paket nach dem anderen — und dennoch steht Griechenland genau da, wo es vor einem Jahr stand: gefährlich nahe am Abgrund.
Für die griechische Regierung unter dem Sozialisten Giorgos Papandreou wird es immer enger. Wenn das Parlament heute über die Vertrauensfrage abstimmt, wollen wieder Zehntausende Bürger gegen die Sparpolitik demonstrieren. Papandreou hat nur eine knappe Mehrheit. Wenige Abweichler könnten das Land in eine noch nie dagewesene Krise stürzen.
Nach dem Vertrauensvotum wartet Hürde Nummer zwei. Ende Juni muss das Spar- und Privatisierungsprogramm vom Parlament gebilligt werden.
Griechenland fallen zu lassen, ist derweil für die Euro-Länder keine Option. Denn es besteht die Gefahr, dass die Krise auf andere Länder überspringen könnte. Der belgische Finanzminister Didier Reynders fürchtet, dass andere Schuldner wie Irland, Portugal, Spanien, Italien und vielleicht auch Belgien und Frankreich in den Fokus geraten könnten.
Dabei kommen auch bei den Euro-Ländern Zweifel auf, ob man den Griechen nicht zu viel zumutet. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn sagte, man dürfe nicht vergessen, „dass man den Menschen in Griechenland Vertrauen geben muss. Da hinken wir manchmal hinterher.“