Zentralrat der Juden: „Israel-Hass“ in der Linken
Berlin (dpa) - Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat Teilen der Linkspartei Antisemitismus und „blindwütigen Israel-Hass“ vorgeworfen. „Der alte anti-zionistische Geist der DDR spukt noch in der Partei“, schrieb Zentralratspräsident Dieter Graumann in der „Süddeutschen Zeitung“ (Montag).
„Paradoxerweise sind es heute vor allem Vertreter aus dem Westen, die ihren geradezu pathologischen, blindwütigen Israel-Hass ausleben.“ Leider würden genau „diese Betonköpfe“ die Zuständigkeit für die Israel-Politik in der Linken beanspruchen.
Parteichef Klaus Ernst warf Graumann Diffamierung der Linken vor. Er rief ihn in den Zeitungen der WAZ-Mediengruppe (Dienstag) dazu auf, „die Niederungen der Parteipolitik schnell wieder zu verlassen“. Die Kritik sei „in Form und Inhalt vollkommen unangemessen“. Graumann schade seinem Anliegen, „wenn er den Antisemitismusvorwurf inflationiert, ohne ihn klar zu definieren“.
Die Antisemitismus-Debatte war vor vier Wochen von einem Aufsatz zweier Wissenschaftler mit der Überschrift „Antisemiten als Koalitionspartner?“ ausgelöst worden. Der „antizionistische Antisemitismus“ sei in der Linken inzwischen zu einer „weitgehend konsensfähigen Position“ geworden, heißt es darin. Als Antizionisten werden Gegner eines jüdischen Staates in Palästina bezeichnet.
Der Zeitungsartikel Graumanns geht in eine ähnliche Richtung. Es gebe eine Reihe von Äußerungen und Taten, die „mehr als nur ein wenig antisemitische Züge aufweisen“, schreibt er. Zwar gebe es einige Spitzenpolitiker wie Fraktionschef Gregor Gysi, die stellvertretende Parteivorsitzende Katja Kipping und die Vizepräsidentin des Bundestags, Petra Pau, die die Partei „aus dem Kerker des Israel- Hasses“ befreien wollten. „Aber der große Befreiungsschlag ist einstweilen spektakulär missglückt.“
Hintergrund der Debatte sind mehrere Vorfälle in den vergangenen eineinhalb Jahren. Im Januar 2010 waren drei Parlamentarier am Holocaust-Gedenktag bei der Begrüßung des israelischen Präsidenten Schimon Peres im Bundestag demonstrativ sitzengeblieben. Eine Bundestagsabgeordnete war öffentlich mit einem Schal aufgetreten, der die Nahost-Region ohne den Staat Israel zeigt. Und Duisburger Linke hatten im Internet zum Boykott von Waren aus Israel aufgerufen.