Wahl SPD klar stärkste Kraft in Niedersachsen - Grüne legen deutlich zu

Hannover · Explodierende Energiepreise und der bange Blick in die Ukraine haben den Landtagswahlkampf in Niedersachsen geprägt. Die recht rumpelige Krisenpolitik der Berliner Ampel hat die SPD geschwächt, aber nicht zu sehr: Regierungschef Weil kann auf eine dritte Amtszeit hoffen.

Anhänger der SPD in Niedersachsen freuen sich.

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Bei der Landtagswahl in Niedersachsen ist die SPD von Ministerpräsident Stephan Weil klar stärkste Kraft geworden. Nach den 18.00-Uhr-Prognosen von ARD und ZDF liegen die Sozialdemokraten trotz Verlusten vor der CDU mit Spitzenkandidat Bernd Althusmann. Die Grünen steuern auf ein Rekordergebnis zu; sie sind Weils Wunschpartner für die künftige Regierung. Die AfD gewinnt ebenfalls stark und schafft ein zweistelliges Ergebnis. Die FPD sackt dagegen ab und muss um den Einzug in den Landtag bangen. Die Linke scheitert den Prognosen zufolge erneut an der Fünf-Prozent-Hürde.

Der Wahlkampf war geprägt von den Folgen des russischen Einmarschs in die Ukraine. Im Zentrum standen die Energiekrise sowie die Sorgen vieler Bürger angesichts hoher Preise für Gas, Strom und Lebensmittel. Landespolitische Themen spielten eine Nebenrolle.

SPD und CDU hatten vor der Wahl klargestellt, dass sie ihre 2017 eher widerwillig geschmiedete Koalition nicht fortsetzen wollen. Stattdessen kündigten beide große Parteien an, zusammen mit den Grünen regieren zu wollen.

Laut den Prognosen kommt die SPD auf 32,4 bis 33,5 Prozent der Stimmen (2017: 36,9). Die CDU verbucht mit 27,5 Prozent ihr schlechtestes Landesergebnis seit mehr als 60 Jahren (2017: 33,6). Die Grünen legen dagegen deutlich zu und landen mit 14,0 bis 14,5 auf Platz drei (2017: 8,7). Auch die AfD gewinnt stark hinzu und erreicht 11,5 bis 12 Prozent (2017: 6,2). Die FDP muss mit 5,0 Prozent befürchten, an der Fünf-Prozent-Hürde zu scheitern (2017: 7,5). Die Linke liegt mit 2,5 bis 3,0 Prozent in den Prognosen erneut unter dieser Marke (2017: 4,6).

Der 63-jährige Weil, seit fast zehn Jahren Regierungschef, peilt seine dritte Amtszeit an. Er könnte sogar Ernst Albrecht als Regierungschef mit der längsten Amtszeit in Niedersachsen ablösen. Den verunsicherten Wählern präsentierte er sich im Wahlkampf als erfahrener Krisenmanager, mit einem kurzem Draht zu Kanzler Olaf Scholz. Die Landes-SPD setzte im Wahlkampf stark auf Weils hohe Beliebtheitswerte, gerade auch im direkten Vergleich zu Althusmann.

Den Prognosen zufolge sollte es für eine rot-grüne Regierungsmehrheit im Landtag reichen. In einer ersten Reaktion sprach SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert von einem „klaren Wahlsieg“.

Für den Koalitionsfrieden in Berlin wäre ein Scheitern der FDP an der Fünf-Prozent-Hürde schädlich und könnte den Krawallfaktor gerade zwischen Liberalen und Grünen weiter erhöhen - vor allem mit Blick auf eine mögliche Zuspitzung der Energiekrise im Winter, mögliche weitere Entlastungsmaßnahmen, den Streit um die Atomkraft und die Schuldenbremse.

Knapp 6,1 Millionen Wahlberechtigte durften ihre Stimme abgeben. 21 Parteien standen zur Wahl. In 87 Wahlkreisen traten 756 Bewerberinnen und Bewerber an, bei einem Frauenanteil von rund einem Drittel. Die Wahlbeteiligung lag den Prognosen zufolge bei 60,0 bis 61,0 Prozent. 2017 betrug sie noch 63,1 Prozent, nach 59,4 Prozent im Jahr 2013.

Erst im Mai 2023 wird wieder in einem Bundesland gewählt - in Bremen. Die nächsten größeren Wahlen finden im Herbst 2023 in Bayern und Hessen statt.

(dpa)