Steigt die Wahlbeteiligung, profitiert vor allem Peer Steinbrück

Der Politikwissenschaftler Eckhard Jesse geht davon aus, dass diesmal wieder mehr Bürger ihre Stimme abgeben werden.

Berlin. Falls die Wahlbeteiligung weiter sinkt, könnten davon am Sonntag vor allem Liberale und Grüne profitieren. Steigt die Quote hingegen wieder auf mehr als die 70,8 Prozent bei der Bundestagswahl 2009, so dürfte das vor allem der SPD zugutekommen.

Das prognostiziert der Chemnitzer Politikwissenschaftler Eckhard Jesse. Begründung: Vor allem bildungsferne Schichten und finanzschwache Familien bleiben der Abstimmung eher fern als die bürgerliche Klientel.

Allerdings geht Jesse davon aus, dass die Beteiligung diesmal wieder höher als vor vier Jahren sein wird: „Nicht sehr viel, aber immerhin zwei bis vier Prozent mehr sind möglich“, sagt der 65-jährige Professor.

Das liege vor allem daran, dass es nochmal knapp mit einer Mehrheit für die bisherige Regierung geworden sei. Allerdings sei das Rennen nur bedingt offen, da es am Ende wohl auf Schwarz-Gelb oder auf eine große Koalition hinauslaufen dürfte. „Das ist für den Wähler kein echter Wettbewerb, deshalb bleiben viele zu Hause.“

Die Statistik bestätigt seine These: Die Wahlbeteiligung war immer dann besonders hoch, wenn Spitzenkandidaten und Programme sehr unterschiedlich waren. So wie beim Duell zwischen Willy Brandt (SPD) und Rainer Barzel (CDU) 1972, als 91,1 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgaben.

Viele Politiker sehen in der seit 1998 sinkenden Wahlbeteiligung ein Manko und fürchten um die politische Legitimation der Regierung. Auch die Kirchen haben jüngst an die Bürger appelliert, zur Wahl zu gehen.

Jesse indes glaubt nicht, dass eine niedrige Wahlbeteiligung der Demokratie schadet. Dass Menschen nicht zur Wahl gingen, müsse kein Ausdruck von Protest sein, sondern könne auch eine gewisse Zufriedenheit ausdrücken. Meist würden eher drastische Probleme zu einer hohen Beteiligung führen. Zudem glaubt Jesse nicht, dass ein geringer Wahlzuspruch den Extremisten nutzen würde: „Das ist durch keine Studie bewiesen.“