Verwirrung in der IWF-Zentrale
Strauss-Kahns Rolle im Kampf gegen die Finanzkrise.
Washington. Der Skandal um den geschäftsführenden IWF-Direktor Dominique Strauss-Kahn zieht immer weitere Kreise. Experten auf beiden Seiten des Atlantiks sind überzeugt, dass der Sozialist Hoffnungen auf die Nachfolge des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy endgültig begraben kann.
Ungewiss ist aber auch die Zukunft des Internationalen Währungsfonds sowie die Hilfspakete für Griechenland, Portugal und andere hoch verschuldete Mitglieder der Eurozone. In der Washingtoner IWF-Zentrale herrscht heillose Verwirrung. Zwar hält sich die 187 Mitgliedsländer zählende Organisation formgetreu bedeckt. Der Währungsfonds bleibe „völlig funktionell“, hieß es in einer lapidaren Erklärung.
Doch für den weiteren Kurs eines Hauses, das seit dem Ausbruch der globalen Finanzkrise eine federführende Rolle bei der Koordination internationaler Hilfspakete hat, verheißen die Probleme ihres Vorsitzenden nichts Gutes. Denn: Trotz wiederholter Indiskretionen seitens des früheren französischen Wirtschaftsministers bewährte sich Strauss-Kahn als charismatische und effektive Führungsfigur.
Ihm gelang es, seit langen Jahren geforderte Reformen durchzusetzen, die aufkeimenden Schwellenländern wie China, Indien und Brasilien im Rahmen der G20 ein stärkeres Mitspracherecht bei wichtigen wirtschaftspolitischen Entscheidungen einräumen. Auch konnte er die Regierungschefs reicher Geberländer, allen voran Kanzlerin Angela Merkel (CDU), überzeugen, den Geldhahn aufzudrehen, um die Pleitegeier in der Eurozone zu stützen und einen Zusammenbruch der Gemeinschaftswährung zu verhindern.
„Wir haben ein gefährliches Machtvakuum“ erklärte ein ranghoher IWF-Offizieller, der darauf hinwies, das Ende vergangener Woche John Lipsky, Strauss-Kahns Vize, seinen Rücktritt angekündigt hatte. Zwar hat Lipsky vorübergehend Strauss-Kahns Position gefüllt, doch auf Dauer will er nicht bleiben, sondern an die Wall Street zurückkehren.
Am Brüsseler Treffen der Euro-Finanzminister, bei dem etwa ein neues Rettungspaket für Portugal debattiert wird, nimmt Nemat Shafik teil — ein unbekannter Abteilungsleiter beim IWF. Dass Shafik über das Durchsetzungsvermögen verfügt, um einen Konsens zu finden und weitere Hilfspakete zu schnüren, daran bestehen in Washington Zweifel.