Vor Wahl in Niedersachsen: Spannung pur in Hannover

Bei der Landtagswahl wird es zwischen Rot-Grün und Schwarz-Gelb extrem knapp.

Hannover. Die Wahl am Sonntag wird starke bundespolitische Auswirkungen haben. Wenn die Koalition aus CDU und FDP in Niedersachsen nicht weitermachen darf, steht sofort die Frage im Raum, ob auch im Bund im Herbst Schwarz-Gelb abgewählt wird.

Zudem hätte Rot-Grün im Bundesrat eine klare Mehrheit und könnte via Länderkammer Merkel & Co. das Leben schwer machen.

In Hannover wird ein ausgesprochener Lagerwahlkampf ausgetragen. Eine andere neue Regierung als Rot-Grün oder Schwarz-Gelb erscheint wegen der klaren Fronten unmöglich. Eine fünfte Partei hat kaum die Chance, ins Parlament zu kommen. Die Piraten führen bereits kaum mehr einen Wahlkampf.

Und der Spitzenkandidat der Linken, Hans-Henning Adler, klammert sich an zwei Strohhalme. Er hofft, dass die Umfragen daneben liegen, und dass Sahra Wagenknecht, die überraschend in den Wahlkampf eingriff, einen Schub bringt.

Weitaus optimistischer kann die FDP sein, die es laut aktuellen Umfragen — auch dank Leihstimmen der CDU — wieder ins Parlament schafft. Für Spitzenkandidat Stefan Birkner stellt sich die Frage der Fünf-Prozent-Hürde gar nicht mehr. Er rechnet fest mit sechs bis sieben Prozent am Sonntag, und es treibt ihn eher die Frage um, ob es gemeinsam mit der CDU wieder zum Regieren reicht.

Sein Wahlkampf ist unauffällig, die einen empfinden den 39-Jährigen als langweilig, andere nennen ihn verlässlich. Er hatte wenig Zeit, sich zu profilieren, weil er erst vor einem Jahr Philipp Rösler als Landesvorsitzender ablöste. Inhaltlich zeichnen sich nur geringe Differenzen zur CDU ab — außer beim Haushalt oder der Bildung.

Der Wiedereinzug der FDP ist für Ministerpräsident David McAllister, der das Amt während der Legislaturperiode von Christian Wulff übernahm, die einzige Chance, im Amt zu bleiben. Obwohl er wohl ein schlechteres Ergebnis als sein Vorgänger einfahren wird, präsentiert er sich extrem selbstbewusst.

In seinem Wahlkampf spart der Merkel-Zögling bundespolitische Themen aus. Der CDU-Kandidat konzentriert sich auf Niedersachsen, kämpft etwa für das Beibehalten von Studiengebühren.

In seinen Reden wirkt er anfangs oft irritierend glatt, läuft dann aber zu besserer Form auf. Seine Signale sind klar: Schaut her, ich bin präsidial, aber — auch wenn ich nicht immer so wirke — doch volksnah. Und er ist sachlich.

Diese Sachlichkeit findet sich auch beim SPD-Gegenspieler Stephan Weil. Folgerichtig liefern sich die beiden einen extrem fairen Wahlkampf. Allerdings gibt es persönlich große Unterschiede zwischen Weil und dem souverän agierenden Amtsinhaber.

Der Herausforderer gibt zu, dass charismatische Reden nicht sein Ding sind. Er setzt auf Bodenständigkeit, sucht direkten Kontakt zu Wählern. Sein Wahlkampf scheint großteils aus Rosenverteilen in Fußgängerzonen zu bestehen.

Ganz pragmatisch geht er auch mit der wegen Äußerungen von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück kritischen Frage der angemessenen Politikervergütung um. Er erzählt einfach, dass er als Stadtoberhaupt in Hannover bislang 6200 Euro netto verdient habe. Was, wenn man das mit Vorständen oder Krankenschwestern vergleiche, eben relativ wenig — oder auch viel sei.

Nach einer klaren Rollenverteilung mit wenig Konflikten sähe es im Fall einer rot-grünen Koalition aus. Die grünen Spitzenkandidaten Anja Piel und Stefan Wenzel setzen bevorzugt auf die Themen Atom und Tierschutz. Streit könnte es höchstens beim Thema Mobilität geben.

Dass die SPD weiter Autobahnen bauen möchte, finden die Grünen nicht so gut. Sie würden jedoch in solch einem Bündnis aufgrund ihres wahrscheinlich guten Ergebnisses eine gewichtige Rolle spielen.