Berlin. Als alles vorbei ist, als die 90 Minuten von Berlin absolviert sind, als nun wirklich jede Frage irgendwie beantwortet ist, schauen sich Angela Merkel (CDU) und Frank-Walter Steinmeier (SPD) noch einmal kurz an: Wir haben es geschafft.
Tatsächlich ist das große TV-Duell zu Ende. Es sollte der emotionale Höhepunkt in einem bislang biederen Wahlkampf werden. Es ist der eher biedere Höhepunkt in einem emotionsarmen Wahlkampf.
Gleich vierköpfig ist die Moderatorenschar, die die Kanzlerin und ihren Vize, also ihren Stellverterter-Konkurrenten, löchern will. ARD-Star Frank Plasberg kündigt vor der Sendung gewohnt selbstbewusst an, man werde den beiden Politikern die "Trainingsmaske vom Gesicht reißen".
Nun, Masken tragen die beiden Bewerber um das wichtigste Amt im Land nicht: Sie kommt im schwarzen Kostüm ins Studio, er fährt mit seiner Frau Elke Büdenbender vor und trägt dunklen Anzug mit roter Krawatte.
Der Schlagabtausch beginnt holprig, die ersten Minuten beginnen seitens der Moderatoren mit einstudierten Wortwitzen wie "Ist das ein Duell oder ein Duett" (ZDF-Frau Mayrbit Illner) oder "Oder erleben wir gerade Ehe vor Gericht" (Sat1-Mann Peter Limbourg).
Steinmeier - er wurde ebenso wie Merkel in den 48 Stunden zuvor intensiv auf die Sendung vorbereitet - versucht gleich in die Offensive zu kommen. "Weil ich der bessere Kanzler bin", trete er am 27. September an. Deutlich stärker als die Kanzlerin bezeichnet er die Große Koalition als ein Projekt der Vergangenheit: "Es ist Zeit für etwas anderes."
Merkel hingegen lobt die vier gemeinsamen Regierungsjahre mit der SPD: "Eine gute Zeit." Angesichts ihrer guten Umfragewerte kann sie deutlich leichter als Steinmeier sagen: "Ich will weiter regieren."
So weit, so unklar. Erst als es in die Sachthemen geht, wird die Diskussion übersichtlicher und strukturierter. Dazu trägt Plasberg zunächst wenig bei. Er versteht die Veranstaltung offenkundig auch als Schaulaufen für den Titel des hartnäckigsten Moderators, lässt zunächst Merkel nicht ausreden, unterbricht später immer wieder Steinmeier.
Doch bei der Atompolitik nimmt die Diskussion Fahrt auf. Erstmals stehen sich unterschiedliche Punkte klar gegenüber. "Ich bin dafür, die sicheren Atomkraftwerke länger laufen zu lassen. Das ist eine Übergangstechnologie, die uns Zeit gibt, die regenerativen Energien zu entwickeln", sagt Merkel. "Ich stehe zum Atomausstieg. Verlängern wir die Laufzeiten, gefährden wir das, was bei den grünen Energien entstanden ist", so Steinmeier
Klar auch die Gegensätze bei der Wirtschaftspolitik. Hier wirbt Merkel erneut für Steuersenkungen, "um die Arbeitnehmer zu motivieren." "Das ist nicht realistisch, weil es derzeit nicht zu bezahlen ist."
Bei anderen Bereichen werden die Unterschiede nur auf dem Millimeterpapier deutlich - etwa bei Afghanistan, aber auch bei der internationalen Finanzpolitik.
Die Atmosphäre ist freundlich zwischen Merkel und Steinmeier (Limbourg: "Wie ein älteres Ehepaar"), eher gereizt zwischen den Politikern und den Moderatoren. Selbst als Merkel sagen musste, warum ihr Traumpartner besser sei als Steinmeier, weicht sie auf die bewährte Merkel-Art aus - wolkig und unbestimmt. Steinmeier gibt sich kämpferisch: "Opposition ist Mist", kann über den Wahlausgang nur so viel sagen: "Für Schwarz-Gelb wird es nicht reichen."
Am Ende sind alle Formeln gedrechselt. Und Merkel und Steinmeier wohl froh, dass es vorbei ist.