Wahlkampf: Deutschland sucht den Super-Politiker

Die Parteien setzen im Kampf gegen ihre sinkende Bindungskraft verstärkt auf junge, attraktive Kandidaten.

Berlin. Linda Teuteberg ist eine weithin unbekannte Politikerin. Das kann sich rasch ändern, und zwar nach dem Prinzip "Silvana". Im Europawahlkampf plakatierte die FDP konsequent ein Foto ihrer Spitzenkandidatin Silvana Koch-Mehrin. Jung. Blond. Hübsch. Obwohl die 38-Jährige mit Vorwürfen zu kämpfen hatte, sie zähle eher zu den faulen Abgeordneten, erzielte die FDP ein Rekordergebnis von elf Prozent.

Die ZDF-Moderatorin Maybritt Illner hatte unlängst die FDP zu Gast in ihrer Sendung. Neben Parteichef Guido Westerwelle stand eine junge, blonde, hübsche Frau. Linda Teuteberg.

Die 28-Jährige kandidiert für den Landtag in Brandenburg, in dem die FDP seit 15 Jahren nicht vertreten ist. Noch in der Sendung brach die Begeisterung über Teutebergs Auftritt aus Westerwelle heraus: "Sie macht das doch klasse, in so jungen Jahren."

Als SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier vor Kurzem sein Kompetenzteam vorstellte, stand eine junge, blonde, hübsche Frau neben ihm. Manuela Schwesig. Dass die 35-Jährige dort stand, folgte weniger dem Prinzip "Silvana" als vielmehr dem Prinzip "Ursula".

CDU-Familienministerin Ursula von der Leyen hat die SPD eine Legislatur lang mit ihrer Popularität erschreckt. Vor der Bundestagswahl soll Schwesig die direkte Konkurrenz abbilden und im besten Fall als jünger, hübscher und kompetenter wahrgenommen werden.

Angesichts grassierender Politikverdrossenheit und schwindender Bindungskraft der Volksparteien geht es der CDU mit einer Kanzlerin Angela Merkel und einer beliebten Familienministerin noch vergleichsweise gut. Die CSU aber hat mit ihren betagten Spitzenkräften vor einem Jahr einen erstaunlichen Absturz bei den Landtagswahlen erlitten.

Jung, attraktiv und talentiert: Nach den Kriterien von "Deutschland sucht den Superstar" wagte Horst Seehofer als erster Vorsitzender das Experiment, seine Partei schon fast gewaltsam umzubauen. Er stellte das jüngste Kabinett in der Geschichte Bayerns zusammen. Den Altersschnitt des Bundeskabinetts senkte Seehofer (60) mit Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (44) und mit Karl-Theodor zu Guttenberg (37), dem jüngsten Wirtschaftsminister in der Geschichte der Republik.