Terrorismus: Tod eines Taliban-Chefs

Jubel in Pakistan: Bei einem US-Angriff stirbt der Islamistenchef Baitullah Mehsud – der „Staatsfeind Nummer eins“.

Islamabad. Im Nachhinein können die Worte des US-Sondergesandten für Afghanistan und Pakistan wohl als Drohung verstanden werden. Bei einem Besuch in Islamabad vor gut zwei Wochen sagte Richard Holbrooke über den Anführer der pakistanischen Taliban-Bewegung: "Baitullah Mehsud ist einer der gefährlichsten und abscheulichsten Personen in der Region, und die USA haben ihm bis vor kurzem zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet."

Die Aufmerksamkeit kam nun anscheinend in Form von zwei Hellfire-Raketen aus einer amerikanischen Drohne. Am Freitag verkündeten die Aufständischen den Tod des Gründers der Tehrik-e-Taliban Pakistan (TTP).

Die endgültige Bestätigung der pakistanischen Regierung stand zunächst aus. Sollte sich der Tod des "Staatsfeindes Nummer eins" bestätigen, wäre den pakistanischen Aufständischen damit der bislang schwerste Schlag versetzt worden. Mit Anschlägen und Angriffen seiner Kämpfer hatte Mehsud in den vergangenen zwei Jahren international Schlagzeilen gemacht. Nach dem Sturm der Armee auf die von Extremisten besetzte Rote Moschee in Islamabad im Sommer 2007 begann er seinen blutigen Rachefeldzug gegen die Regierung.

Vor der Rückkehr von Ex-Premierministerin Benazir Bhutto aus dem Exil im Oktober 2007 drohte Mehsud, seine Männer würden die beliebte Politikerin mit Selbstmordanschlägen "willkommen heißen". Am Jahresende wurde Bhutto ermordet. Mehsud stritt zwar jede Verantwortung dafür ab, die Regierung hält ihn aber immer noch für den Drahtzieher des Anschlags.

Der aus dem Stammesgebiet Süd-Waziristan nahe der afghanischen Grenze heraus operierende Taliban-Chef sorgte für einen dramatischen Anstieg von Selbstmordanschlägen in Pakistan. Seine Männer griffen auch die Metropolen an. Einer der schwersten Anschläge, der ihnen zugeschrieben wird, war der auf das Marriott-Hotel in Islamabad vor knapp einem Jahr, bei dem mehr als 50 Menschen getötet wurden.

Die USA, die fünf Millionen Dollar Kopfgeld auf Mehsud auslobten, warfen ihm Angriffe auf ausländische Truppen auf der afghanischen Seite der Grenze vor. Seine nach Schätzungen bis zu 20 000 Mann starke Guerilla-Truppe tötete nicht nur etliche pakistanische Sicherheitskräfte, sondern auch zahlreiche Zivilisten.

Die pakistanische Regierung - zunächst unter Militärmachthaber Pervez Musharraf, nach dessen Rücktritt im Herbst 2008 unter Bhutto-Witwer Asif Ali Zardari - sah dem Treiben Mehsuds lange Zeit hilflos zu. Verhandlungen über einen Waffenstillstand wechselten sich mit Militäroperationen ab. Die Taliban dehnten ihren Einflussbereich indes immer weiter aus - nicht nur in den halbautonomen Stammesgebieten an der afghanischen Grenze. Im nordpakistanischen Swat-Tal übernahmen die Taliban von Maulana Fazlullah die Kontrolle.

Fazlullah hatte sich Ende 2007 Mehsuds TTP angeschlossen. Von Swat aus sickerten die Aufständischen in die Nachbardistrikte ein. Mit einer Großoffensive gewann die Armee die Kontrolle über Swat im Juli zurück. Dann erhöhte sie den Druck auf Baitullah Mehsud, der enge Kontakte zum Terrornetz El Kaida gehabt haben soll, in den halbautonomen Stammesgebieten. Nun wurde Mehsud bei einem Angriff getötet.

"Baitullah war ein Fokuspunkt, ein Gravitationszentrum für mehrere Taliban-Gruppen, und sein Tod ist ein schwerer Rückschlag für sie", sagte der ehemalige pakistanische Innenminister Aftab Sherpao.