Bekanntgabe Wer erhält am Freitag den Friedensnobelpreis?

376 Kandidaten sind dem norwegischen Nobelkomitee für den Friedenspreis 2016 vorgeschlagen worden. Freitag gibt es den Namen.

Auf der Vorschlagsliste: Die russische Menschenrechtlerin Swetlana Gannuschkina (links), Edward Snowden, US-Energieminister Ernest Moniz und wie bereits 2015 Bundeskanzlerin Angela Merkel für „Wir schaffen das“. Fotos: dpa

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Oslo. Ginge es nach der Zahl der Nominierten, dann wäre 2016 mit 228 vorgeschlagenen Personen und 148 Organisationen entweder das herausragendste Friedensjahr seit Verleihung des Preises — oder ein Jahr, das des Einsatzes von Friedensstiftern besonders dringend bedarf. Noch nie gingen mehr Vorschläge beim norwegischen Nobelkomitee ein, das den jährlichen Friedenspreis vergibt.

Auf der Liste der Nominierten zu stehen bedeutet gar nichts; das tun in diesem Jahr auch Wladimir Putin und Donald Trump. Vorschläge kann praktisch jeder einreichen. Die Diskussion um wirklich aussichtsreiche Kandidaten konzentriert sich allerdings auf weniger als ein Dutzend Namen und Organisationen.

In diesem Jahr auf Platz 1 im Ranking des Osloer Friedensforschungsinstituts (das meist daneben liegt und 2015 Angela Merkel ganz vorn sah): Die russische Menschenrechtlerin Swetlana Gannuschkina, die sich bereits seit dem Ende des Kalten Krieges für Flüchtlinge und Vertriebene einsetzt. Sie wurde 2003 bereits von der deutschen Sektion von Amnesty International ausgezeichnet. Swetlana Gannuschkina wird immer wieder als Kandidatin für den Friedensnobelpreis genannt. Ihre Auszeichnung wäre ein deutliches Signal des norwegischen Komitees an Wladimir Putin.

Das würde auch für den Vorschlag gelten, die „Weißhelme“ der syrischen Zivil-Verteidigung mit dem Friedensnobelpreis auszuzeichnen. Die Gruppe ist unbewaffnet und unparteiisch und soll aus rund 3000 Freiwilligen bestehen. Sie hat in den vergangenen drei Jahren fast 150 tote Helfer zu beklagen gehabt. Syrische Regierungstruppen und ihre russischen Verbündeten sollen Einrichtungen und Hilfseinsätze der „Weißhelme“ gezielt unter Feuer nehmen.

Keiner weiß so ganz genau, wie viele hunderttausend Menschen während des 50-jährigen Bürgerkriegs zu Tode gelkommen sind, der zudem Millionen von Menschen meist innerhalb der Landesgrenzen zu Flüchtlingen gemacht und aus ihrer Heimat vertrieben hat. Dafür, dass Präsident Juan Manuel Santos und der Anführer der FARC-Guerilla, Timoleon Jimenez, diesen Krieg beendet und mit kubanischer Verhandlungshilfe sogar einen Friedensvertrag hinbekommen haben, hätten sie auf jeden Fall den Friedensnobelpreis verdient.

Allerdings: Vorerst bleibt es bei einem Waffenstillstand, da das kolumbianische Volk den Friedensvertrag abgelehnt hat. Das schmälert nicht die Leistung von Santos und Jimenez, könnte das Nobelpreis-Komitee aber selbst im Falle einer Verleihungsabsicht durchaus zu der Auffassung bringen, damit lieber noch ein Jahr oder zwei zu warten.

Mukwege steht auf vielen Vorschlagslisten zum Friedensnobelpreis schon seit Jahren ganz oben. In diesem Jahr gehört er zu den Top 5 sowohl bei der norwegischen Historiker-Vereinigung Nobeliana als auch beim Osloer Friedensforschungsinstitut, dort allerdings gemeinsam mit Jeanne Nacatche Banyere und Jeannette Kahindo Bindu. Alle drei setzen sich im Kongo für die Opfer sexueller Gewalt ein. Die beiden Frauen betreiben dazu ein kirchliches Netzwerk, das vielfältige Hilfen und Schutz bietet. Der Gynäkologe Denis Mukwege hat im Panzi-Krankenhaus in Bakuvu ein Hilfszentrum eingerichtet und persönlich tausende von Frauen behandelt. Er gilt heute als führender Experte für die Behandlung körperlicher Vergewaltigungs-Verletzungen.

Ebenfalls beide norwegischen Vereinigungen haben Ernest Moniz, den nahezu unbekannten Energieminister der USA, und Ali Akbar Salehi, den Chef der iranischen Atomenergiebehörde auf der Liste. Die beiden Unterhändler arbeiteten wesentlich daran, dass am 14. Juli 2015 nach 13 Jahren eine Einigung im Atomstreit erzielt wurde. 2016 trat das Atomabkommen in Kraft.

Allerdings: Bereits im März testete Iran wieder Raketen, die von den Kern-Mächten der Nato als Verstoß gegen das Abkommen gewertet wurden. International wird das Abkommen höchst unterschiedlich bewertet.

Auch er steht auf beiden norwegischen Listen. Seine Enthüllungen machten 2013 erstmals deutlich, welches Ausmaß die weltweiten Überwachungs- und Spionagetätigkeiten westlicher Geheimdienste angenommen hatten. Vielen gilt Snowden als Verteidiger der Bürgerrechte, in den USA gilt er seit der NSA-Affäre eher als Verräter.

So richtig begründen die beiden norwegischen Organisationen den Preisvorschlag nicht. Vielleicht ist er als ausgleichende Gerechtigkeit für den 2009 völlig grundlos und übereilt an US-Präsident Barack Obama verliehenen Friedensnobelpreis gedacht. Ärgern würden sich die Amerikaner auf jeden Fall.

Badawi sitzt seit 2012 in Saudi-Arabien für „Verbrechen“ in Haft, die in zivilisierten Staaten durch die Meinungsfreiheit gedeckt sind. Seit 2014 ist er zu zehn Jahren Haft, 1000 Peitschenhieben und einer Geldstrafe von rund 194 000 Euro verurteilt. Badawi wurde schon 2015 von zwei norwegischen Abgeordneten (das norwegische Parlament wählt das Komitee des Friedensnobelpreises) vorgeschlagen. Im vergangenen Jahr zeichnete ihn das Europäische Parlament mit dem Sacharow-Preis aus.

Der Vorschlag stammt von Desmond Tutu, dem emeritierten Erzbischof von Kapstadt. Er schlägt Franziskus für „bedeutende Beiträge zum globalen Verständnis der nachhaltigen Entwicklung“ vor.

Der US-Vorschlag lobt seine „kräftiger Friede durch Stärke“-Ideologie.

Vorgeschlagen für „Wir schaffen das“, wie schon 2015.