Wladimir Putin bleibt im Mittelpunkt der Macht
Dmitri Medwedew ist als Präsident vereidigt. Noch steht er im Schatten des Vorgängers.
Moskau. Dieses Bild dürfte symbolisch für die künftige Machtaufteilung an der Spitze des russischen Staates stehen. Nach der pompösen Amtseinführung im Großen Kremlpalast nehmen der neue Präsident Dmitri Medwedew (42) und sein Vorgänger Wladimir Putin (55) gemeinsam auf dem Kathedralenplatz die Parade der Präsidentengarde ab.
Während die Soldaten in historischen Uniformen vorbeimarschieren, flüstert Putin seinem Nachfolger etwas ins Ohr, woraufhin jener einen kleinen Schritt nach vorn macht. Das Staatsfernsehen setzt die Botschaft ins Bild: Putin bleibt nach dem Prinzip "Teile und herrsche" weiter im Mittelpunkt der Macht.
Das Staatsfernsehen begleitet die Amtsübergabe in den prunkvollen Sälen aus Zarenzeiten mit einem riesigen Aufwand an Technik. Dutzende Kameras sind im Einsatz. Die Operation Machtübergabe läuft wie am Schnürchen. Applaus brandet auf, während Putin durch ein Spalier von 2000 Ehrengästen über den roten Teppich zum Podium schreitet.
Sein langgehegter Wunsch, als erstes nach dem Ausscheiden aus dem Kreml ausschlafen zu dürfen, geht nicht in Erfüllung. Noch im Tagesverlauf ernennt ihn Medwedew wie zuvor verkündet zum neuen Regierungschef. Aus Putins kurzer Ansprache nimmt das Publikum vor allem eine Botschaft mit.
Das von Putin verkündete Programm zur Entwicklung Russlands soll auch in Zukunft gelten. "Die Aufgabe, Russland zu bewahren und zu schützen, bleibt meine höchste Bürgerpflicht", erklärt er.
Nach seiner letzten Rede als Präsident tritt Putin nicht ab, sondern nur zur Seite, um Platz am Pult für Medwedews Amtseid zu machen. Medwedew, wie Putin eher klein von Wuchs, spricht die 33 Worte des Präsidenteneides mit konzentrierter Miene. Erst nachdem ihn der Vorsitzende des Verfassungsgerichtes, Waleri Sorkin, zum neuen Präsidenten erklärt hat, weicht die Anspannung aus seinen Gesten.
In der Antrittsrede bleibt der Jurist Medwedew seinem Image als liberaler Politiker treu. Aus seiner Rede stechen Worte hervor wie "Zivilgesellschaft", "Stärkung bürgerlicher Freiheiten" oder "Selbstverwirklichung freier Bürger", die von Putin in den vergangenen Jahren kaum noch zu hören waren.
Als Medwedew seine erste Rede als Kremlchef beendet hat, huscht ein zaghaftes Lächeln über das jungenhafte Gesicht des neuen russischen Präsidenten.