Prozess: Digital-Uhr soll ein Alibi liefern

Triathlet war beim Training mit einem Pärchen aneinander geraten.

Das digitale  Zeitalter macht auch vor der Justiz keinen Halt. So tauchte am Dienstag das erste Mal eine Tracking-Uhr als „Tatzeuge“ auf.  Jogger Berti S. (54, Namen geändert) saß auf der Anklagebank, weil Zeugen behaupten, er habe sich geprügelt. Doch die Daten seiner Trainings-Uhr sagen etwas ganz anderes aus. Jetzt muss ein Sachverständiger App und Uhr auswerten.

An einem lauen Frühlingstag trainierte Triathlet Berti S. streng nach Trainingsplan. Sein Assistent: die neue Tracking-Uhr. Sie gibt die optimale Geschwindigkeit an, die genaue Strecke und etliche andere Daten. Die wiederum in einer App gespeichert werden.

Auf seiner Strecke geriet er an ein radelndes Pärchen. Der 34-jährige Thomas R. fuhr  auf der Theodor-Heuss-Brücke ganz rechts, seine Freundin links. Berti S. lief ihnen entgegen.  Laut Anklage soll er sich über die Radfahrer aufgeregt, sich umgedreht und den verblüfften Thomas R. angegriffen haben. Der beschrieb dann auch ausufernd, wie er verprügelt wurde. Berti S. habe ihn beschimpft, zu Fall gebracht und ihn mit dem Arm gewürgt.

„Wenn ich nicht so besonnen gehandelt hätte, wäre mehr passiert.“ Aber so habe er den flüchtenden Jogger später gestellt und die Polizei gerufen. Der schicke Radler als Zeuge: „So etwas kann sich ein Rechtsstaat nicht bieten lassen.“ Bei dem Überfall seien seine Ray-Ban-Brille und das Display seines Handys kaputt gegangen.

Doch Bertis Version sah anders aus: Er habe das Pärchen in der Mitte passiert. Die Frau habe nach einer leichten Berührung das Gleichgewicht verloren, und beide Radfahrer seien ins Trudeln gekommen. Er sei zwar kurz gestolpert, dann aber  die ganze Zeit weitergelaufen – so auch die Aufzeichnung seiner Uhr. Die optimale Trainingsgeschwindigkeit liegt bei 6,35 Minuten pro Kilometer. Wird er langsamer, zeigt die Uhr rot. Bei richtiger Geschwindigkeit grün. Auf der Brücke lief er  – so die Daten – grün durch. Kein Anhalten aufgezeichnet. Außerdem zeigte die Uhr einen kleinen Haken. „Das war das Stolpern“, so der Angeklagte. „Und ein GPS-Signal kann man nicht manipulieren.“ Jetzt muss ein Sachverständiger ran.