40 Jahre Bafög: Ein Sozialgesetz feiert Geburtstag
Berlin (dpa) - Am 1. September feiert das Bafög seinen 40. Geburtstag. Seine Rolle bei der Studienfinanzierung gilt heute bei allen Parteien als unstrittig. Deshalb gibt es viel Lob. Unterschiedlich sind allerdings die Vorstellungen für eine Reform des Sozialgesetzes.
Mit Bafög finanzierte Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) einst als Studentin ihre ersten Semester an der Universität. Showstars wie Thomas Gottschalk und Guildo Horn beteuern, ohne Bafög hätten sie nie den Weg ins Studium gefunden. Gleiches gilt für Schwimm-Weltmeisterin Peggy Büchse - wie für vier Millionen andere Menschen auch, die seit 1. September 1971 dank des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (Bafög) studieren konnten.
Die Zahl der prominenten Gratulanten zum 40. Geburtstag des Sozialgesetzes ist groß. Dazu zählen heute auch Politiker wie Schavan, die 2005 - damals noch nicht im Amt der Bundesministerin - die tragende Rolle des Bafögs bei der Studienfinanzierung eigentlich ablösen wollte durch einen neuen Mix von Studiengebühren, rückzahlbaren Krediten und leistungsabhängigen Stipendien. Heute spricht Schavan dagegen von einer „Erfolgsgeschichte“ des Bafögs, weil es in den vergangenen vier Jahrzehnten für mehr Chancengerechtigkeit im Bildungssystem gesorgt habe.
In der Tat: Das Bafög ist heute wieder bei allen Parteien unstrittig. Nach wie vor unterschiedlich sind allerdings die Vorstellungen über Art und Umfang einer Reform. Näheres wollen die Parteien auf bildungspolitischen Kongressen in diesem Herbst festlegen.
Rund 2,9 Millionen Euro gaben Bund und Länder im vergangenen Jahr für die Förderung von bedürftigen Studenten und Schülern aus. 65 Prozent der Summe muss der Bund aufbringen. Leitidee des Bafög-Gesetzes bei seiner Einführung 1971 war, dass damit auch einem durchschnittlich begabten Arbeiter- oder Geringverdiener-Kind ein Studium ermöglicht werden sollte. Vorgänger-Einrichtungen wie das Honnefer-Modell von 1953 oder die Reichsfürsorgepflichtverordnung von 1924 sahen hingegen nur dann eine finanzielle Studien-Unterstützung vor, wenn die Geförderten auch mit Spitzenleistungen glänzten.
Die Einführung des Bafögs war auch eine Reaktion der Politik auf die 68er-Studentenproteste. Die Große Koalition unter Kanzler Kurt Georg Kiesinger (CDU) und Außenminister Willy Brandt (SPD) änderte dafür 1969 das Grundgesetz. Fortan war der Bund für die Regelung der Ausbildungsbeihilfen zuständig - wenn auch die Länder bei der Mitfinanzierung weiter im Boot blieben.
Mehrfach ist in den vier Jahrzehnten an dem Gesetz herumreformiert worden. Anfangs wurde die Förderung als Vollzuschuss an die Studenten ausbezahlt, später gab es dann einen unverzinslichen Bafög-Darlehensanteil, der mehrfach ausgeweitet wurde und aktuell 50 Prozent beträgt - maximal 10 000 Euro der Gesamt-Fördersumme. Härtester politischer Eingriff war 1983 der von Kanzler Helmut Kohl (CDU) später selbst so bezeichnete „Bafög-Kahlschlag“. Damals wurde die Schülerförderung weitgehend gestrichen. Und für Studenten gab es bis zur 1990 erfolgten Revision Bafög nur noch als Voll-Darlehen.
Aber auch SPD-Regierungen nutzten das Bafög wiederholt als Sparkasse zur Haushaltssanierung. 1981 verhinderte der damalige Bundesbildungsminister Björn Engholm (SPD) mit einer Rücktrittsdrohung die bereits in der SPD/FDP-Koalition unter Kanzler Helmut Schmidt (SPD) diskutierte Streichung der Schülerförderung. Mehrfach wurde auch von der SPD eine fällige Bafög-Erhöhung auf die lange Bank geschoben.
In dem fehlenden gesetzlichen Anpassungsmechanismus an die allgemeine Preis- und Einkommensentwicklung sieht das Deutsche Studentenwerk den wesentlichen Konstruktionsfehler des ansonsten unverzichtbaren Bafög-Forderinstruments. Das Gesetz sieht zwar einen Beirat vor, der mit seinen Bafög-Berichten Vorschläge für Erhöhungen und Verbesserungen machen soll. Doch wann solche Berichte vorgelegt werden und ob den Vorschlägen dann überhaupt Folge geleistet wird - das bleibt der jeweiligen Regierung überlassen.