Wie werde ich...? Fachkraft für Lederverarbeitung
Pirmasens (dpa/tmn) - Die Fachkraft für Lederverarbeitung belegt eine kleine, feine Nische in der Welt der Ausbildungsberufe. Jährlich werden rund 60 Lehrlinge bundesweit als Schuhexperten ausgebildet, die meisten davon Frauen.
Nun wurde die Ausbildung neu geregelt.
Schuhe fertigen oder ein Lederportemonnaie nähen - dafür gab es bis vor kurzem noch den Beruf des sogenannten Schuh- und Lederwarensteppers. Nach knapp 50 Jahren wurde nun nicht nur die Ausbildung modernisiert, sondern auch eine neue Berufsbezeichnung eingeführt: die Fachkraft für Lederverarbeitung.
„Das Berufsbild und die Lehrpläne wurden erstmals seit den 60er Jahren auf den neuesten Stand gebracht“, sagt Uwe Thamm vom Internationalen Schuhkompetenzzentrum in Pirmasens. „Dabei wurde die Ausbildung den Entwicklungen angepasst und durch neue Inhalte ergänzt.“ Dazu gehörten etwa Kenntnisse über die Auswahl und die Beurteilung des Materials. Außerdem werden das Qualitätsmanagement und die Beziehung zu Kunden und Lieferanten stärker berücksichtigt.
Laut dem Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) in Bonn dreht sich die zweijährige Ausbildung längst nicht nur um Schuhe. Sie machen zwar den größten Bereich der Tätigkeit aus. Daneben gibt es aber die klassischen Täschnerwaren wie Taschen, Koffer, Etuis, Portemonnaies und Gürtel. Darüber hinaus eröffneten sich neue Tätigkeitsfelder - etwa in Polstereien, bei Innenausstattern von Fahrzeugen und Automobilzulieferern.
Die formalen Hürden für Bewerber um einen Ausbildungsplatz sind nicht besonders hoch. „Ein Hauptschulabschluss genügt“, sagt Manfred Junkert vom Bundesverband Lederwaren und Kunststofferzeugnisse in Offenbach. Es gehöre aber schon etwas dazu, diese Arbeit gut zu machen. „Man braucht ein Auge für Naht und Linie“, fügt er hinzu. Als Fachkraft für Lederverarbeitung sollte man außerdem genau arbeiten und handwerkliches Geschick haben. Nicht zuletzt bräuchten Lehrlinge die Fähigkeit zu abstrahieren, um sich das fertige Produkt vorstellen zu können, obwohl anfangs nicht mehr als ein Lederstück zu sehen sei.
Gelernt wird abwechselnd im Ausbildungsbetrieb und in der Berufsschule. „Der Berufsschulunterricht erfolgt dabei häufig im Blockunterricht an der Berufsbildenden Schule in Pirmasens“, erklärt Thamm. Ziel der Ausbildung sei es, am Ende selber ein Schuhoberteil fertigen zu können. Dafür lerne man von der Planung bis zum fertigen Produkt alle Arbeitsschritte. Hierbei gibt es viele Fragen zu klären: Welche Werkstoffe sind nötig? Wie müssen die Materialien zugeschnitten werden? Soll das Zusammenfügen durch Nähen, Kleben oder Schweißen geschehen? Und mit welcher Naht wird das Leder gesteppt?
Dementsprechend gehört zur Abschlussprüfung neben dem theoretischen Teil mit einer schriftlichen und mündlichen Prüfung auch ein praktischer Teil. Dabei wird nach BIBB-Angaben ein Prüfungsstück in insgesamt fünf Stunden angefertigt.
Wie abwechslungsreich die Arbeit ist, hängt vom Betrieb ab, in dem man anschließend beschäftigt ist. „Natürlich kann es sein, dass die Arbeit etwas monoton ist, wenn man in einer Fabrik jeden Tag die gleichen Schuhmodelle fertigt“, sagt Junkert. „Ganz anders ist es hingegen zum Beispiel bei der Tätigkeit in einem Modebetrieb, in dem viele verschiedene Modelle und täglich unterschiedliche Varianten hergestellt werden.“ Das sei anspruchsvoll und spannend.
Ganz unabhängig vom Betrieb verbringt eine Fachkraft für Lederverarbeitung laut Junkert die meiste Zeit an der Nähmaschine und muss sich zudem häufig auf eine Arbeit in einem Zwei-Schichtbetrieb einstellen. Hinzu kommt, dass man meist vor allem mit Frauen zusammenarbeitet, wie Experte Thamm berichtet. „Der bisherige Beruf des Schuh- und Lederwarensteppers wurde meist von Frauen ausgeübt“, sagt er. „Ein Mann hingegen ist mir selbst in diesem Beruf nicht bekannt.“
Die Zukunftsaussichten sind recht gut: Pro Jahrgang gibt es derzeit nur rund 60 Auszubildende bundesweit. „Die Industrie sucht Leute, die gut steppen können, denn es gibt derzeit nicht so viele, die diesen Beruf ergreifen“, sagt Junkert.