Beste Chancen für Azubis: So punkten Jugendliche

Düsseldorf (dpa) - Schon lange waren die Chancen auf eine Lehrstelle nicht mehr so gut wie heute. Am „Tag des Ausbildungsplatzes“ (18. Mai) verraten Arbeitgeber, worauf sie bei der Auswahl der Bewerber wirklich Wert legen.

Rainer Becker hat bisher jedes Jahr zwei Auszubildende eingestellt. Aber wie er dieses Mal beide Stellen besetzen soll, weiß der Düsseldorfer Malermeister noch nicht. „Wir haben viel weniger Bewerber als sonst, und die Qualität ist deutlich schlechter“, sagt er. Damit meint er weniger die Schulnoten als viel mehr Dinge wie Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit. „Wir arbeiten im hochwertigen Privatsektor. Da muss ein Mitarbeiter sich schon vernünftig benehmen können.“ Die Chancen auf einen Ausbildungsplatz sind zurzeit für junge Leute so gut wie lange nicht mehr - doch zahlreiche Unternehmen haben Probleme, geeignete Bewerber zu finden.

Rund 402 200 offene Lehrstellen haben die Betriebe von Oktober bis April bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldet, 13 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum - und so viele wie seit acht Jahren nicht. Demgegenüber meldeten sich 421 800 Bewerber, die eine Lehrstelle suchten. Im April waren 220 500 Ausbildungsplätze (plus 14 Prozent) noch nicht besetzt, 229 400 Bewerber waren noch unversorgt (minus 5 Prozent). Damit ist die „rechnerische Lücke“ deutlich kleiner geworden - lag sie vor einem Jahr noch bei 47 000, beträgt sie jetzt 9000.

„Wichtig ist, dass die Unternehmen nicht nur auf die Noten gucken“, meint der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Düsseldorf, Axel Fuhrmann. Natürlich seien gute Deutsch- und Mathekenntnisse von Vorteil. „Aber fehlende fachliche Qualifikation kriegt man meist noch hin, in der Berufsschule oder durch Nachhilfe im Betrieb.“ Viel entscheidender sei die Leistungsbereitschaft - „dass die Motivation da ist, etwas lernen zu wollen“.

Wenn den Bewerbern sogenannte soziale Kompetenzen fehlen, werde es schwierig. „Wenn der Montagewagen morgens um sieben Uhr losfahren soll und der Auszubildende kommt erst zehn Minuten später - das geht nicht“, sagt Fuhrmann. Unentschuldigtes Fehlen, nach etwas Arbeit erst mal Pause machen, und wenn einem der Meister einmal „dumm kommt“, die Brocken hinschmeißen - so einen Lehrling könne kein Betrieb gebrauchen. Oft hapere es schon an grundlegenden Kleinigkeiten, etwa sich mit Namen vorzustellen.

Bei einer kürzlich veröffentlichten Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) unter 14 000 Unternehmen bemängelte fast jeder zweite Betrieb fehlende Leistungsbereitschaft, Belastbarkeit und Disziplin der Azubis. Die Klagen der Unternehmen über Erziehungsdefizite hätten in den vergangenen fünf Jahren stetig zugenommen.

Unternehmen sollten in puncto Sozialverhalten bei den Bewerbern nicht gleich resignieren. „Es gibt viele junge Leute, die sehr offen sind und Anregungen umsetzen“, sagt Malermeister Becker. „Das hat auch damit zu tun, wie viel Vertrauen man ihnen schenkt.“ Er selbst lade die Bewerber zunächst zum Praktikum ein. „Dabei zeigt sich in der Regel, wie motiviert sie wirklich sind.“ Wenn der Praktikant beweise, dass er Lust und Interesse hat, habe er gute Chancen, als Lehrling eingestellt zu werden. „Was hinter dem Menschen steckt, ist mir wichtiger als das Zeugnis.“