Chef auf Zeit - Interim Management boomt
Neuss (dpa/tmn) - Sie verdienen hohe Tagessätze und krempeln als Führungskräfte auf Zeit die Ärmel hoch: Interim Manager sind in Unternehmen immer gefragter. Doch wer den anspruchsvollen Job machen will, braucht jahrelange Erfahrung - und muss flexibel sein.
Auf beruflichen Aufstieg hatte es Marei Strack nicht abgesehen, als sie sich vor 14 Jahren entschloss, Interim Managerin zu werden. Die promovierte Ingenieurin aus Neuss hatte bis dahin beruflich viel erreicht: Mitarbeit in einer Unternehmensberatung sowie Führungspositionen in diversen Firmen. Doch nach der Geburt ihres Kindes war die Rückkehr zu ihrem damaligen Arbeitgeber wegen eines Wechsels in der Führungsspitze schwierig. Deshalb entschied sie sich, von nun an als Managerin auf Zeit zu arbeiten.
Marei Strack ist eine von rund 5500 Interim Managern in Deutschland. Sie sind in Firmen immer dann gefragt, wenn eine Lücke entsteht, die schnell geschlossen werden muss. Fällt ein Mitarbeiter länger aus, etwa wegen eines Sabbaticals, wird die Stelle für mehrere Monate frei und Unternehmen brauchen Ersatz. Dann kommen Interim Manager ins Spiel, erklärt Jürgen Becker von Manatnet, einer Agentur, die Interim Manager vermittelt.
Der Markt für die Zeitarbeiter in Nadelstreifen wächst: 2012 summierten sich die Honorare in der Branche auf 925 Millionen Euro - im Jahr 2000 waren es erst rund 80 Millionen. Das geht aus Zahlen der Dachgesellschaft Deutsches Interim Management (DDIM) hervor, deren Vorstandsvorsitzende Strack ist.
Oft stellen Firmen auch einen Manager auf Zeit ein, weil Know-how-Lücken geschlossen werden sollen. Das ist etwa der Fall, wenn Unternehmen weltweit SAP-Software einführen wollen.
Die Interim Manager sind kurzfristig überall einsatzfähig. „Von der Anfrage bis zum Einsatzbeginn vergehen nur drei bis sechs Wochen“, erklärt Anselm Görres von der Agentur Zeitmanager München, die ebenfalls Interim Manager vermittelt.
Die zeitliche und örtliche Flexibilität macht sich für die Interim Manager bezahlt: Für einen Tag im Unternehmen bekommen sie etwas weniger als ein Prozent des Jahresgehaltes, das ein Festangestellter in dieser Position verdienen würde. Laut einer Umfrage des Arbeitskreises Interim Management Provider (AIMP) sind das im Durchschnitt 930 Euro pro Tag.
Das klingt zunächst lukrativ, sagt Thorsten Becker von der Agentur Management Angels. Doch Interim Manager wird man nicht einfach nach dem Hochschulabschluss. Um zur Elite der Zeitarbeiter zu zählen, braucht es viel Erfahrung. Üblich sei, dass zukünftige Interim Manager erst einmal Führungserfahrungen in verschiedenen Festanstellungen übernommen haben, bevor sie sich selbstständig machen. Die meisten steigen zwischen 45 und 50 Jahren ein.
Projekterfahrung sei ebenfalls wichtig. Das kann auch Rainer Nagel vom Interim Management Anbieter Atreus bestätigen: „Wenn jemand schon Produktionen an fünf verschiedenen Standorten der Welt aufgebaut hat, dann traut man ihm das auch ein sechstes Mal in einem neuen Land zu.“
Von den klassischen Karriereideen müssen sich Interim Manager verabschieden. „Den traditionellen Aufstieg im Unternehmen gibt es dann nicht mehr“, weiß Marei Strack. „Als Interim Manager arbeitet man eher auf dem Level, auf dem man bereits war, oder etwas darunter.“ Zudem müsse man sich ein gewisses finanzielles Polster angelegt haben, um auch ein paar Monate ohne Aufträge überleben zu können. Im Durchschnitt arbeiten Interim Manager laut der AIMP-Studie nämlich nur 140 Tage im Jahr - dann allerdings mindestens 10 Stunden am Tag.