Ein steiniger Weg - Mit FH-Abschluss zum Doktortitel
Bonn (dpa/tmn) - Eigentlich sollte es kein Problem geben: FH-Absolventen dürfen genau wie Uni-Absolventen promovieren. In der Praxis haben viele mit FH-Abschluss jedoch Schwierigkeiten, sich an den Unis zurechtzufinden.
Doch wer sich gut vernetzt, kann es schaffen.
Abdul Waheed hat ein festes Ziel vor Augen: Er will Doktor der Elektrotechnik werden. Doch das ist gar nicht so einfach. Zwar hat Abdul studiert, seinen Bachelor gemacht und den Master gleich danach. Einen Doktorvater hat er auch und ein Stipendium. Doch er hat seine Abschlüsse an einer Fachhochschule (FH) erworben - und damit fängt das Problem an. „Ich musste als FH-Absolvent fünf Prüfungen an der Universität nachholen“, sagt er. Denn in Deutschland können Studenten lediglich an Universitäten oder an gleichgestellten Hochschulen wie Privatinstituten promovieren.
Waheed hat die Prüfungen zwar bestanden - doch das war zeitraubend und aufwendig. „Ich musste eine Prüfung nachschreiben, die ich bereits an der FH bestanden hatte. Zusätzlich hatten einige Fächer nichts mit meiner Promotion zu tun.“ Abdul ist nun Doktorand am Lehrstuhl für Mechatronik an der Uni Duisburg/Essen. Seinen Doktorvater hat er über einen Professor an seiner Fachhochschule kennengelernt. Die direkte Bewerbung an einer Uni wäre noch schwieriger gewesen. „Wieso sollte ein Professor einen FH-Absolventen betreuen, wenn er auch Studenten an der Uni als Doktoranden anstellen kann?“, fragt er. „Die Leute an der Uni kennt er, mich nicht.“
Eigentlich dürfte es diese Probleme nicht mehr geben. Mit dem Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) im April 2000 wurde der Zugang zur Promotion geregelt. Dort heißt es: „Master-Abschlüsse an Fachhochschulen und Universitäten sind gleichrangig“. Trotzdem müssten FH-Absolventen vor der Zulassung zum Promotionsstudium meist eine Qualifizierungsphase durchlaufen, sagt Patricia Schneider, Geschäftsführerin von Thesis, einem Netzwerk für Doktoranden.
Tatsächlich gibt es einen starken Anstieg bei den Promotionen von FH-Absolventen. In den Prüfungsjahren 2009 bis 2011 verliehen die Universitäten 836 Akademikern mit FH-Abschluss einen Doktorgrad. Das sind 47 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum 2006 bis 2008. Das ergab eine Befragung der Hochschulrektorenkonferenz (HRK). Ein Indikator für die wachsende Durchlässigkeit des Hochschulsystems nach der Bologna-Reform sei das, sagt HRK-Präsident Horst Hippler: „Die deutliche Zunahme zeigt, dass die Hochschulen in der Lage sind, pragmatisch und zielorientiert zu kooperieren.“
Der Weg zum Doktorhut ist deshalb auch für FH-Absolventen durchaus zu schaffen - nur müssen sie sich darauf einstellen, dass es häufig nicht reicht, nur einen guten Hochschulabschluss mitzubringen. Daneben sollten sie Zeit einplanen, um einen Doktorvater zu finden. Bei ihm müssen sie gegebenenfalls Überzeugungsarbeit leisten, dass sie den Abschluss auch schaffen.
Das trauen sich offenbar immer mehr. Rudolf Schmitt berichtet von mehr Anfragen von FH-Absolventen, die sich für eine Promotion interessieren. Schmitt ist Sprecher der „Fachgruppe Promotionsförderung nach FH-Abschluss“ der Deutschen Gesellschaft für Soziale Arbeit (DGSA). Der Professor sieht allerdings auch weiterhin Schwierigkeiten. „Es gibt immer noch Probleme mit der Zulassung“, sagt er. Inhalte und Wissensstand seien oft nicht die Schwierigkeit: „Es sind eher atmosphärische Probleme der Fremdheit und Nicht-Zugehörigkeit.“
Literatur:
Stock, Schneider, Peper, Molitor (Hrsg.): Erfolgreich promovieren. Ein Ratgeber von Promovierten für Promovierende, Springer, 374 S., 24,95 EURO, ISBN 978-3-540-88766-9