Hörsaal überfüllt? Ab zum Beschwerdemanager
Darmstadt (dpa) - In keiner Hochschule läuft alles reibungslos. An der Technischen Universität Darmstadt hilft ein Beschwerdemanager, Fehler abzustellen. Das Projekt ist so erfolgreich, dass es jetzt um zwei Jahre verlängert wird.
Kummer-Kasten und Beschwerde-Onkel will er nicht sein. Aber ein offenes Ohr möchte Wolf Hertlein haben, wenn Studenten der Technischen Universität (TU) Darmstadt zu ihm kommen. Der 49-Jährige gilt als erster hauptamtlicher Beschwerdemanager einer hessischen Hochschule, selbst die größere Universität Frankfurt hat keinen solchen Posten. Hertlein vergleicht seinen Job mit der Feuerwehr: „Es ist nicht gut, wenn es brennt. Aber wenn es brennt, ist es gut, wenn einer einen Hinweis gibt.“ Bald sind für Hertlein seine ursprünglich geplanten zwei Amtsjahre vorbei. Da der Beschwerdemanager aber so gut ankommt, soll es weitergehen. „Wir sind da Pioniere“, sagt er.
Ob überfüllte Hörsäle oder zu schwierige Klausuren - mehr als 200 Fälle hat Hertlein nach eigenen Angaben bislang bearbeitet. Der 49-Jährige ist Anlaufstelle für bald über 25 000 Hochschüler. „Wenn ein unzufriedener Student wieder zu einem zufriedenen wird, haben wir schon viel gewonnen“, beschreibt der Diplom-Mathematiker sein Ziel. „Denn das kann verhindern, dass der Student seinen Studienort wechselt oder sein Studium abbricht.“
Hertleins Büro liegt im zweiten Stock des TU-Hauptgebäudes mitten in Darmstadt. „Es kommt auch mal vor, dass ein Student direkt zu mir kommt.“ Aber die meisten Beschwerden erreichen ihn per Telefon und Mail, auch durchaus über das Online-Formular, das es auf der Internet-Seite der Universität gibt.
Und wo drückt der Schuh? Ein Student zum Beispiel empfand eine Klausur im Bereich der Wirtschaftswissenschaften als zu schwer. Die Durchfallquote sei enorm hoch. Hertlein sprach den Professor an - und die Lösung sah schließlich anders aus als vielleicht gedacht: Der Dozent änderte Art und Weise seiner Vorlesung, der Schwierigkeitsgrad der Prüfung blieb. „Das hat vielen Prüflingen danach genutzt“, sagt Hertlein. In einem anderen Fall war ein Hörsaal überfüllt. Der Platzmangel entspannte sich, als die Vorlesung zusätzlich in einen zweiten Raum übertragen wurde.
Ein anderer Fall: Ein ausländischer Student wartete auf seine Note. Gerade für einen ausländischen Studenten aber kann es schwierig werden, wenn die Benotung seiner Abschlussarbeit lange dauert. Dann kann er sich keine Arbeit suchen - und schon wackelt die Aufenthaltsgenehmigung. „Der Student wurde schon unruhig. Aber er wollte den Professor nicht drauf ansprechen, um seine Note nicht zu gefährden“, berichtet Hertlein. Also musste der Beschwerdemanager ran.
In seinem Job braucht Hertlein Fingerspitzengefühl, wenn er Mitarbeiter der Universität auf vermeintliche Schwachstellen anspricht. „Eine Beschwerde ist meist mit einer Person verbunden. Die Leute dürfen sich nicht gleich auf den Schlips getreten fühlen.“ Zumal Hertlein in seinem Amt nichts einfach entscheiden kann - er muss vermitteln. Nicht immer gibt es eine Lösung. „Wenn ein Student zum dritten Mal durch eine Prüfung fällt und er zu mir kommt, kann ich ihm auch nicht mehr helfen.“