Kontakte in alle Welt: Internationale Studenten-Netzwerke nutzen
Karlsruhe (dpa/tmn) - AEGEE, AIESEC oder EGEA. Die Abkürzungen stehen für einige der größeren internationalen Studentennetzwerke. Wer bei ihnen mitarbeitet, hat nicht nur Spaß. Ganz nebenbei knüpfen viele Studenten auch wichtige Kontakte.
Strategien ausarbeiten, Aufgaben delegieren, Auswahlgespräche führen: Was wie die Arbeitsbeschreibung eines Managers klingt, ist für Sebastian Tritsch Alltag. Der 22-Jährige ist Vorstand des Lokalkomitees Karlsruhe des Studentennetzwerkes AIESEC. Es ist mit über 86 000 Mitgliedern in 124 Ländern eine der größten internationalen Studentenorganisationen der Welt.
Globale Netzwerke für Studierende existieren in großer Zahl. AIESEC richtet sich vorrangig an Wirtschaftswissenschaftler. Daneben gibt es stärker interdisziplinär ausgerichtete Gruppen wie AEGEE. Eins haben alle gemeinsam: Den internationalen Austausch. „Oft engagieren sich in den Netzwerken Studenten, die selbst gerade im Ausland waren oder unbedingt dorthin möchten“, sagt Patrick Lajoie. Er arbeitet in der Abteilung Internationales an der Universität Göttingen.
Julia Fuß kam gerade aus Amerika, als sie bei AEGEE anfing. Vor dem Studium hatte sie acht Jahre lang dort gelebt. „Als ich dann in Mannheim angefangen habe, Politik zu studieren, wurde mir klar: Ich weiß gar nichts über Europa“, erzählt die 20-jährige. Deshalb machte sie bei der AEGEE-Gruppe in Mannheim mit. Mittlerweile ist sie deren Präsidentin.
Ihr Engagement brachte sie schon nach Malta, Spanien oder in die Niederlande, wo sie Konferenzen des Netzwerks besuchte. „Wir leben den europäischen Gedanken“, sagt sie. Ganz wichtig dabei: Netzwerken. Wenn sie auf Reisen geht, findet sie fast überall jemanden, der ihr die Stadt zeigt oder einen Schlafplatz für sie hat.
Doch vom Engagement in solchen Netzwerken profitiert auch, wer sich fachlich weiterbilden möchte. Sebastian Tritsch hat im Rahmen von AIESEC ein Praktikum in Indonesien absolviert. „Als ich ankam, wurde ich von AIESEC-Mitgliedern abgeholt, mir wurde eine Unterkunft organisiert und ich wurde am ersten Tag zur Arbeit begleitet“, erzählt er.
Mit ihrem Programm Global Talent vermittelt die Organisation Praktikumsplätze auf der ganzen Welt. Dafür kooperiert sie mit Firmen wie BASF oder Porsch. Auch Nicht-Mitglieder könnten sich bewerben, erklärt Alice Moesch de Moraes, die für das Programm in Deutschland zuständig ist.
Wer dort mitmachen will, muss zunächst zu einem Lokalkomitee zu einem persönlichen Interview. „Wir suchen nach offenen Leuten, die auch bereit sind, nach Asien oder Südamerika zu gehen“, sagt Moesch de Moraes. Erfolgreiche Bewerber bekommen dann im Anschluss nicht direkt einen Praktikumsplatz, sondern erhalten Zugang zur AIESEC-Praktikumsbörse. Dort sind die Stellen ausgeschrieben, auf die sich Studierende bewerben können. Die Teilnahme am Global Talent-Programm kostet einmalig 350 Euro, die Praktikumsstellen sind vergütet.
Nicht alle internationalen Studentennetzwerke sind so stark auf Karriereplanung ausgerichtet wie AIESEC. Die European Geography Association, EGEA, richtet sich primär an Geografiestudenten. Hier stehen zum Beispiel der wissenschaftliche Austausch und gegenseitige Besuche im Vordergrund. „Ich habe Städte und Regionen kennengelernt, die ich sonst nie gesehen hätte“, erzählt Stefan Esch, Mitglied bei EGEA in Tübingen. Zusätzlicher Nutzen: das Online-Forum. Wenn Esch einmal verzweifelt auf der Suche nach Literatur war, gab es sofort Rückmeldung aus ganz Europa.
Wer sich engagieren will, muss allerdings Zeit investieren. Es sei schon ratsam, zu den wöchentlichen Mitgliederversammlungen zu kommen, erzählt Julia Fuß von AEGEE. Sonst finden Studenten häufig keinen Anschluss an die Gruppe. Wer eine Führungsposition einnehmen will, sollte dafür ein bis zwei Stunden täglich einplanen.
Dafür können Studenten später bei der Jobsuche nicht selten mit dem ehrenamtlichen Engagement punkten. „Gerade im Bereich der Geistes- und Sozialwissenschaften ist anfangs oft nicht sicher, wo es beruflich hingehen soll“, sagt Lajoie von der Universität Göttingen. Indem Studenten sich in einem internationalen Netzwerk engagieren, können sie sich profilieren.
Auch Tritsch, Vorstand des AIESEC-Lokalkomitees Karlsruhe, glaubt, dass ihm sein Engagement auf dem Arbeitsmarkt Vorteile bringen wird: „Wer kann schon behaupten, in meinem Alter eine Gruppe von 80 Mitgliedern geleitet zu haben?“