Lästern und Co.: Häufige Fehler von Berufseinsteigern

Ulm/Berlin (dpa/tmn) - Platz da, hier komm ich! Wer so am ersten Arbeitstag auftritt und dafür Hurra-Rufe erwartet, wird schnell enttäuscht. Und nicht nur das: Er nervt. Für Berufseinsteiger gilt daher das Motto „Weniger ist mehr“.

Die Ausbildung oder das Studium sind gemeistert, der erste Tag im Job wartet. Eigentlich steht der Karriere jetzt nichts mehr im Weg. Denn hat man den Vertrag in der Tasche, kann doch nichts mehr schief gehen, oder? Leider doch. Denn gerade beim Berufseinstieg lauern viele Fettnäpfchen. Dabei stecken hinter Anfängerfehlern häufig Dinge, die durchaus gut gemeint sind. Aber das ist eben oft das Gegenteil von gut gemacht.

Viele denken dabei, dass in erster Linie ihre fachliche Kompetenz darüber entscheidet, wie gut sie bei den Kollegen und dem Chef ankommen. Das ist aber weit gefehlt. „Im beruflichen Alltag sind Einfühlungsvermögen, Kompromissbereitschaft und Teamgeist gefragt“, sagt Stefan Gehring von der Arbeitsagentur in Ulm. Er berät Absolventen in Karrierefragen.

Berufseinsteiger kommen außerdem oft mit überhöhten Erwartungen an ihren neuen Arbeitsplatz. Der erste Tag ist dann häufig ernüchternd, wie der Karriereberater Jürgen Hesse aus Berlin beobachtet hat. „Man will und braucht zwar den neuen Mitarbeiter, aber niemand hat wirklich die Zeit, ihn gebührend willkommen zu heißen und ordentlich einzuarbeiten.“ Neulinge stellen sich also besser darauf ein, dass für sie kein roter Teppich ausgerollt wird oder die Kollegen bei ihrem Erscheinen sofort alles stehen und liegen lassen. Im Gegenteil: Wer seine Kollegen mit selbst gebackenem Kuchen und einer langatmigen Vorstellungsrede von der Arbeit abhält, nervt schnell.

„Weder die Plaudertasche noch der stumme Fisch sind gefragt“, warnt Hesse. „Stellen Sie sich Ihren Kollegen vor und erwarten Sie nicht, alles am ersten Tag zu erfahren.“ Und statt gleich das Maul aufzureißen und große Töne zu spucken, ist es gerade am Anfang wichtig, die Augen und Ohren aufzumachen. Das heißt: Beobachten, wie die Kollegen ihre Arbeit angehen, und genau zuhören, wenn etwas erklärt wird. Ist etwas unklar, sollten Neulinge aber durchaus Fragen stellen und sich so einbringen.

Mit Kritik halten sie sich dagegen besser zurück. „Manchmal fehlt schlicht das fachliche Hintergrundwissen“, warnt der Karriereberater Jürgen Lürssen. „Noch schlimmer: Die Kritik ist berechtigt, aber der Arbeitsablauf schon lange im Unternehmen etabliert“, ergänzt der Professor für Betriebswirtschaftlehre an der Leuphana Universität Lüneburg. Mit solcher Besserwisserei bringt man die alten Hasen leicht gegen sich auf. „Es ist sinnvoll, sich stattdessen zurückzunehmen und zu eigenen Fehlern zu bekennen, die anfangs natürlich passieren“, meint auch Hesse.

Wie aber lässt sich das Vertrauen der Kollegen gewinnen? „Indem man nicht nur über Dienstliches redet“, empfiehlt Lürssen. Ein gemeinsames Hobby etwa könne verbinden. Es ist also fehl am Platz, Berufliches und Privates immer strikt zu trennen. Man könne durchaus nach der Arbeit ein Bier zusammen trinken, sagt Lürssen. „Und gehen Sie unbedingt mit Ihren Kollegen in die Kantine“, fügt Jürgen Hesse hinzu.

Nicht absondern lautet also die Devise. „Das Menschliche ist ausschlaggebend für den beruflichen Erfolg“, sagt Arbeitsvermittler Gehring. Damit einem in Stressphasen der Rücken gedeckt wird, ist es wichtig, ein Netzwerk im Betrieb aufzubauen. Wenn die Kollegen also mittags gern zum Italiener gehen, sollte man sich durch die Pizza beißen, auch wenn man lieber Asiatisches mag.

Bei Vorgesetzten ist dagegen mehr Vorsicht geboten: Ankumpeln kommt bei vielen Chefs schlecht an. Und wer ständig versucht, einen persönlichen Draht zum Chef aufzubauen, gilt bei Kollegen schnell als Schleimer. Loyalität gegenüber dem Chef ist aber Pflicht. „Ein großer Fehler ist es, Vorgesetzte zu übergehen, schlecht über sie zu reden oder sich womöglich an noch höherer Stelle über sie zu beschweren“, warnt Lürssen. „Im Zweifelsfall steht ein Chef immer zum Vorgesetzten des neuen Mitarbeiters.“

Zu guter Letzt zählen auch die Gepflogenheiten in einem Unternehmen: Dazu gehört zum Beispiel die Kleiderordnung. Die Faustregel ist: Am Anfang lieber zu schick als zu lässig gekleidet kommen. „Für eine normale Bürotätigkeit sollte man zum Beispiel ein Sakko anziehen“, sagt Stefan Gehring aus Ulm. Das gilt so lange, bis klar ist, wie streng oder leger der Dresscode der Kollegen ist.

Literatur:

Lürssen, Jürgen, Opresnik, Marc: Die heimlichen Spielregeln der Karriere. Campus Verlag, 233 S., 19,90 Euro, ISBN-13: 978-3593392400