Lehrer-Buch plädiert für Gelassenheit und Humor in Schule
Erlangen (dpa) - Gute Lehrer, schlechte Lehrer: Wohl jeder Schüler hat schon mit beiden Sorten Bekanntschaft gemacht. Der frühere Schulleiter Ulrich Knoll (65) hat nun ein vergnügliches und nicht ganz ernst gemeintes Buch geschrieben über „33 Lehrer, mit denen Ihr Kind rechnen muss“.
Knoll aus Erlangen in Bayern karikiert in seinem Buch den gut gelaunten, oberflächlichen Sportlehrer, den trinkfesten Erdkunde-Pauker und die wirre Kunstpädagogin. Solche Typen gebe es an jeder Schule. Jeder der Lehrer hat im Buch das passende Etikett: „Aggro-Anne“ ist rechthaberisch und aggressiv. „Umtrunk-Walter“ schaut gerne und oft tief ins Glas und der „Chaosfuchs“ verwirrt seine Schüler mit konfusem Medieneinsatz.
„Das ist keine politisch korrekte und gerechte Typologie“, betont Knoll. Er habe zudem keine konkreten Personen beschrieben, sondern Eigenschaften gesammelt und neu zusammengesetzt. „Aber es gibt diese tyrannischen Deutsch- oder Englischlehrer und Schülermörder in Mathematik und Physik.“
Er will jedoch nicht die gesamte Lehrerschaft an den Pranger stellen. In der Ausbildung habe sich viel getan, und es gebe heute viele gute Pädagogen - bessere als früher. „Diese Typen haben aber Wiedererkennungswert - fast jeder Schüler wird Ähnlichkeiten zu einem eigenen Lehrer entdecken. Und es gibt sicher auch Lehrer, die darüber lachen und sich fragen: Bin ich vielleicht auch schon so komisch?“
Einen Aufschrei aus den Reihen der Pädagogen wie vor zehn Jahren beim Erscheinen des „Lehrerhasserbuchs“ wird es bei Knolls Werk sicher nicht geben. Selbst die Präsidentin des Lehrerverbandes BLLV, Simone Fleischmann, sagt: „Selbstironie tut immer gut, und damit zeigt ein Berufsstand Professionalität.“
Auch bei den Auftritten des Kabarettisten Han's Klaffl, der sich ebenfalls über Lehrer und Schule lustig macht, säßen immer zahlreiche Lehrer im Publikum. „Solange man die Lehrer nicht per se als Deppen hinstellt, fördert das eher die Empathie. Und Lachen entkrampft das Verhältnis“, sagt Fleischmann.
Eltern und Schülern gibt Knoll augenzwinkernd Tipps, wie sie mit dem jeweiligen Lehrer-Typus auskommen: Bei „Aggro-Anne“ solle man etwa nur mit einem Anwalt aufkreuzen und „Umtrunk-Walter“ könne man gut nach Wirtshäusern befragen. Denn bei allem Verständnis für Leistungsdruck und die Notwendigkeit guter Noten rät er Eltern, das Thema Schule mit ein wenig mehr Gelassenheit und Humor zu nehmen.
Auch hier menschele es eben: „Ich decke einiges davon auf und sage den Eltern: Schau her, diese Leute, über die du dich aufregst, gibt es überall. Jetzt halte es mal aus und irgendwie wird das Ganze schon gut.“ Er wirbt um Verständnis für den Lehrer-Job: „Als Finanzbeamter kann man eine Akte auch mal in die Ecke pfeffern oder den Computer ausschalten. Als Lehrer dagegen steht man ständig im Fokus.“
Dennoch müssten sich Schüler und Eltern nicht immer alles gefallen lassen. Wenn es hart auf hart komme und „der Lehrer ungerechtfertigt Schwierigkeiten ohne Ende macht, dann wehr dich“. Seiner Ansicht nach ist nämlich durchaus nicht jeder der geborene Lehrer. „Sie können nicht aus jedem Kleinwagen einen Porsche machen - auch in der Ausbildung nicht. Es gibt welche, da wissen Sie von vornherein: Wenn den eine Schule kriegt, dann ist der 30 Jahre lang ein Ärgernis.“
Der Ex-Schulleiter plädiert daher dafür, dass die theoretische Uni-Ausbildung viel früher und stärker mit der Praxis verzahnt wird. Bislang seien Praktika noch zu oft „Alibi-Veranstaltungen“, in denen die angehenden Pädagogen wie in ihrer Schulzeit hinten sitzen und den Unterricht bloß beobachten.
Sie müssten jedoch selbst vorne stehen, um zu begreifen, was Unterrichten bedeutet. „Dafür brauchen sie jedoch mehr Lehrkräfte, die sich intensiver kümmern, und das kostet Geld.“ Bislang sind Praktika in Deutschland auch in der Regel keine zwingende Zulassungsvoraussetzung für das Studium.
Außerdem sollten sich die Schulen stärker selbst aussuchen können, welche Lehrer sie engagieren, anstatt sie zugewiesen zu bekommen, fordert Knoll. Im angelsächsischen Ländern sei das bereits gängige Praxis. „Das ist dann auch kein ständiges Hire and Fire, aber die Schulen können sich die Leute suchen, die in ihr Profil passen.“
Einige Experten plädieren zudem für ein Auswahlverfahren vor dem Studium, wogegen man sich in Deutschland bislang sträubt. Im PISA-Musterland Finnland gibt es das bereits: Von mehreren tausend Bewerbern werden nur einige hundert genommen.
Dies lege „nahe, dass man um strikte Auswahl der bestgeeigneten Bewerber für das Lehramtsstudium kaum herumkommt, wenn man gute Schülerleistungen erzielen möchte“, schrieben die Forscherinnen Heike Demarle-Meusel und Birgit Nieskens in einer Studie der Telekom Stiftung.
Die Uni Passau etwa hat daher vor einigen Jahren zumindest ein Eignungsfeststellungsverfahren eingeführt, das sich an Assessment Centern orientiert, wie sie in der Wirtschaft üblich sind. Die Teilnehmer müssen praktische und schriftliche Übungen machen und bekommen dann eine Rückmeldung zu ihren Stärken und Schwächen.
Der Bildungsforscher Michael Dieterich fordert, dass dies zwingender Bestandteil der Lehrerausbildung wird - am besten im ersten Semester: „Die angehenden Lehrer müssen frühzeitig ihre Persönlichkeitsstruktur kennenlernen, um zu wissen, woran sie arbeiten müssen.“
Doch wie sieht nun eigentlich ein guter Lehrer aus? „Er muss authentisch sein und humorvoll. Den Schülern gegenüber muss er wohlwollend und trotzdem leistungsorientiert sein“, sagt Knoll. Ähnlich sieht das Dieterich: Ein guter Lehrer sei korrekt und systematisch und trotzdem warmherzig.
Doch er betont: „Den idealen Lehrer gibt es nicht.“ Für jedes Fach seien andere Fähigkeiten nützlich. Es sei gut, dass die Schüler so viele verschiedene Pädagogen in ihrem Schulleben haben. So fänden die meisten Kinder irgendwann einen Lehrer, der genau zu ihnen passt.
Liertatur:
Ulrich Knoll: „33 Lehrer, mit denen Ihr Kind rechnen muss - Typen, Tipps & Tücken - Das Buch für eine glückliche Schulzeit“, Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag, 9,99 Euro, ISBN-13: 9783862654932