Pflastern und Walzen: Traumberuf Straßenbauerin
Dresden (dpa) - Der Girls' Day (14. April) will Mädchen Männerberufe näher bringen. Janet Schultz hat einen der härtesten ergriffen: Sie ist Straßenbauerin und weiß, was es heißt, sich auf der Baustelle zu behaupten.
Andere Mädchen träumen von Puppen und rosaroten Kleidchen, nicht so Janet Schultz. „Mich haben schon immer Straßen fasziniert“, erzählt die 22-Jährige. Die Leidenschaft liegt in der Familie: Ihr Opa baute Brücken. Und Janet Schultz erinnert sich noch gut daran, wie sie ihn ständig anbettelte, sie auf die Baustellen mitzunehmen. „Schon als Vierjährige gab es für mich nichts Schöneres.“ Staunend stand sie dann vor den riesigen Baggern und Planierraupen. Beobachtete, wie die Brücken Flüsse überspannten, Orte miteinander verbanden. Schnell stand für sie fest: Straßenbauerin ist ihr Traumberuf.
Heute ist Janet Schultz im dritten Lehrjahr für Straßen- und Tiefbau - und damit eine echte Seltenheit. In ihrer Klasse am Überbetrieblichen Ausbildungszentrum Dresden (ÜAZ) sind 21 Jungen, sie ist das einzige Mädchen. „Am Anfang hatte ich schon Schwierigkeiten“, gibt die schmale junge Frau zu. Vor allem auf der Baustelle stieß sie auf Vorbehalte, wurde zu frauentypischen Arbeiten wie Aufräumen oder Kaffeekochen abkommandiert. „Da gibt es immer wieder welche, die den Macho raushängen lassen.“
Aber sie hat sich durchgesetzt. „Heute wissen alle, dass ich anpacken kann“, sagt Janet Schultz selbstbewusst. Sie fährt Bagger jeder Größe, bedient riesige Walzen und Radlader, auch Schächte auszuheben und Pflastern sind kein Problem. „Das macht mir sogar richtig Spaß.“ Ob sie nach ihrer Lehre auch tatsächlich als Straßenbauerin arbeiten wird, weiß sie noch nicht. Sie hat vorerst andere Pläne: Im Sommer schließt sie ihre Lehre ab, dann will sie studieren und ihren Abschluss als Bauingenieurin machen.
Auch in ihrem Ausbildungszentrum in Dresden ist Janet Schultz bekannt, Mädchen sind hier eine absolute Seltenheit. Dabei würde sich Janet Köhler, die für die Ausbildung und Organisation am ÜAZ zuständig ist, viel mehr junge Frauen als Lehrlinge wünschen. „Das hat einen sehr positiven Effekt auf die Gruppendynamik. Die Jungs reißen sich eher zusammen, der Umgangston ist netter, das Arbeiten angenehmer“, erklärt Janet Köhler. Deswegen engagiert sich das ÜAZ bereits seit Jahren zum Girls' Day und versucht, männerdominierte Berufe wie Maurer, Zimmererer oder Trockenbauer auch den jungen Frauen schmackhaft zu machen.
„Wir zeigen an diesem Tag alle Ausbildungsstationen und versuchen, die Mädchen zu begeistern“, erklärt Köhler. Bisher mit mäßigem Erfolg. Kaum ein Mädchen entscheidet sich nach der Schule für einen Bauberuf. Vor allem die schwere körperliche Arbeit, die Arbeitszeiten und das viele Reisen für die Montage schrecken die meisten ab. „Mit Familie lässt sich das nur schwer vereinbaren“, erklärt Köhler. Ein Problem für die Firmen, denn es gibt kaum noch genügend Nachwuchs in der Baubranche. „Wir kämpfen heute um jeden Lehrling“, sagt Köhler.
Zum bundesweiten Girls' Day am 14. April können Mädchen typische Männerberufe testen. Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Institutionen in Sachsen bieten dazu insgesamt 334 Veranstaltungen mit knapp 5200 Plätzen für junge Frauen. Im Gegenzug sollen Jungen für Berufe in Pflege und Erziehung begeistert werden. Nach Angaben des Sozialministeriums sind zum sogenannten Boys' Day in Sachsen rund 240 Veranstaltungen mit rund 2300 Plätzen geplant.