Pisa: Deutsche Schulen holen auf

Berlin (dpa) - Deutschland holt bei Pisa auf - aber nur langsam. Nach dem Schock über das schlechte Abschneiden vor zehn Jahren wirken Schulreformen in Mathematik und Naturwissenschaften. Doch die Leistungen beim Lesen und Textverständnis stagnieren.

Die deutschen Schulen sind seit dem ersten Pisa-Test vor zehn Jahren etwas besser geworden. In Mathematik und Naturwissenschaften erzielen 15-jährige Schüler hierzulande jetzt Leistungen, die oberhalb des Durchschnitts der 34 wichtigsten Industrienationen der Welt liegen. Im Lesen und beim Verstehen von Texten sind deutsche Schüler allerdings weiter nur Mittelmaß. Dies zeigt der am Dienstag (7. Dezember) in Berlin vorgestellte neue Pisa-Schultest der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).

Absolute Spitzenwerte in allen Disziplinen erreichen die Schüler aus der chinesischen Region Shanghai, die erstmals an dem weltweiten Schultest teilnahmen. Erneut ganz vorn liegen Korea, Finnland, die Region Hongkong, Singapur und Kanada. Die 15-Jährigen aus diesen Ländern sind Gleichaltrigen aus Deutschland in ihrem Wissen und Können zum Teil ein bis zwei Schuljahre voraus.

Auffällig ist erneut die hohe Abhängigkeit von sozialer Herkunft und Bildungserfolg in Deutschland. Die Zahl der 15-jährigen Risikoschüler, die beim Eintritt ins Berufsleben nur auf Grundschulniveau Texte verstehen können, ist in der Bundesrepublik allerdings in den vergangenen zehn Jahren von 22,6 Prozent auf 18,5 Prozent eines Jahrganges zurückgegangen. Nach Aussage der Pisa-Forscher ist diese Zahl nach wie vor zu hoch.

Die Veröffentlichung des ersten Tests hatte in der deutschen Öffentlichkeit einen Schock ausgelöst. In allen Disziplinen erreichten die Schüler aus der Bundesrepublik nur Werte unterhalb des Durchschnitts der Industrienationen. Diesmal wurden beim Leseverständnis 497 Leistungspunkte gemessen - 13 mehr als noch vor zehn Jahren. 40 Punkte der Pisa-Skala entsprechen in etwa dem Lernfortschritt von einem Schuljahr. Der aktuelle OECD-Schnitt beträgt beim Lesen 493 Punkte.

Ins Auge springt allerdings, dass die Steigerung der Leseleistung vor allem in den ersten drei Jahren nach dem deutschen Pisa-Schock erzielt wurde. Zwischen dem vorletzten Test 2006 und der jetzt vorgestellten Untersuchung aus 2009 beträgt der Leistungszuwachs nur zwei Punkte, was statistisch als unbedeutsam gilt. In den Bundesländern gibt es inzwischen 17 Programme zur Leseförderung. Wegen der stagnierenden Leseleistung hatte Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) am Vortag ein weiteres Programm für Kinder aus sozialen Brennpunkten angekündigt.

In Mathematik kommt Deutschland auf 513 Punkte (2000: 490 Punkte). Pisa-Sieger Shanghai erzielt dabei den absoluten Spitzenwert von 600 Punkten - bei einem OECD-Schnitt von 496. In den Naturwissenschaften erzielte Deutschland den größten Fortschritt und kommt jetzt auf 520 Punkte (2000: 487 Punkte) - bei einem OECD-Schnitt von 501 Punkten.

Verbessert hat sich die Schulsituation für Migrantenkinder in Deutschland. Doch noch immer schneiden Schüler aus Familien, deren Eltern nicht in Deutschland geboren wurden, im Schnitt um 56 Pisa- Punkte schlechter ab als gleichaltrige Einheimische. 2000 betrug dieser Abstand allerdings noch 84 Pisa-Punkte, also mehr als zwei Schuljahre.

An dem weltweit größten Schultest der OECD haben diesmal 65 Staaten und Regionen teilgenommen. Untersucht wurden die Leistungen von 470 000 Heranwachsenden. In Deutschland machten diesmal 4970 Schüler aus 223 Schulen mit. Schwerpunkt der Untersuchung war diesmal - wie schon beim ersten Test 2000 - Lesen und Textverständnis. Dies gilt als wichtigste Schlüsselkompetenz für das Lernen.