Privates Surfen am Arbeitsplatz: Kündigung droht

Stuttgart (dpa/tmn) - Mal eben den Kontostand abfragen, die Auktion bei ebay checken oder mit Freunden bei Facebook chatten: Viele Arbeitnehmer nutzen das Internet auch während der Arbeitszeit. Erlaubt ist das allerdings nur selten.

In deutschen Büros gilt die private Internetnutzung zwar als normal. Doch Arbeitsrechtsexperten warnen: Wer trotz Verbot surft und E-Mails abruft, riskiert seinen Arbeitsplatz. „Wohl kein Arbeitnehmer käme auf die Idee, während der Arbeitszeit eine halbe Stunde einkaufen zu gehen und anzunehmen, der Arbeitgeber sei damit einverstanden“, sagt der Stuttgarter Fachanwalt für Arbeitsrecht Michael Henn.

Nichts anderes gelte, wenn der Arbeitnehmer online shoppen gehe. „Eigentlich sollte jedem klar sein, dass da die gleichen Regeln gelten, sagt Henn, der auch Präsident des Verbandes deutscher Arbeitsrechtsanwälte (VdAA) in Stuttgart ist. Dennoch werde ein Verbot der privaten Nutzung von E-Mail und Internet von Arbeitnehmern regelmäßig missachtet.

Tjark Menssen, Fachanwalt für Arbeitsrecht beim Rechtsschutz des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) stellt klar: „Die private Nutzung des Internets am Arbeitsplatz ist grundsätzlich verboten.“ Etwas anderes gelte nur, wenn sie ausdrücklich erlaubt oder offensichtlich geduldet werde.

„Selbst wenn die private Internetnutzung gestattet ist, heißt das aber keinesfalls, dass man während der Arbeit surfen kann“, betont Nathalie Oberthür, Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). Laut Bundesarbeitsgericht verletze der Arbeitnehmer bei einer privaten Internetnutzung während der Arbeitszeit seine Leistungspflicht (Aktenzeichen: 2AZR 386/05).

Joachim Vetter, Vorsitzender des Bundes der Richter der Arbeitsgerichtsbarkeit (BRA) betont, was einem schon der gesunde Menschenverstand sagen müsste: „Der Arbeitnehmer hat sich durch seinen Arbeitsvertrag verpflichtet, während der Arbeitszeit zu arbeiten und nicht private Dinge zu erledigen.“

Zum Problem wird die Internetnutzung, wenn sich der Arbeitgeber von seinem Mitarbeiter trennen möchte und nach Kündigungsgründen sucht. „Traditionell wurden die Spesenabrechnungen überprüft. Zusätzlich pflegt man heute bei allen betroffenen Mitarbeitern das Internetverhalten zu überprüfen“, sagt Henn.

Nicht jede private Internetnutzung berechtigt automatisch zur Kündigung. „Grundsätzlich muss der Arbeitgeber zunächst abmahnen“, erklärt Menssen. Dies gilt nach einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes (LAG) Rheinland-Pfalz sogar, wenn der Mitarbeiter zuvor eine Erklärung unterschrieben hat, die jegliche private Internetnutzung unterbindet (Aktenzeichen: 6 Sa 682/09).

Darüber hinaus müsse der Arbeitgeber nachweisen, dass es „durch die Internet-Nutzung zu einer erheblichen Beeinträchtigung der arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung“ gekommen sei. „Bei schweren Verstößen kann aber fristlos gekündigt werden“, sagt Vetter. Etwa beim Herunterladen oder Versenden von pornografischem Material.

Entscheidend ist laut Vetter auch, wozu das Internet genutzt wird: „Bei der wöchentlichen Abfrage des Kontostandes wird man davon ausgehen, dass dies von der Duldung des Arbeitgebers erfasst ist.“ Beim Chatten und Shoppen sei dies kaum der Fall.

Wer in Sachen Internetnutzung auf Nummer sicher gehen will, dem empfehlen die Experten, sich beim Betriebsrat oder beim Chef zu erkundigen, wie die Firmen-interne Regelung aussieht, oder das Surfen schlicht auf nach den Feierabend verschieben.