Selbst Schuld? Wenn Jungunternehmer scheitern
Stuttgart (dpa) - Unternehmerisch gescheitert, persönlich versagt? Der Hang zur Vorverurteilung ist in Deutschland groß. Doch wenn junge Unternehmen den Markt verlassen, hat das oft vielfältige Gründe.
Und bestehendes Recht macht es ihnen nicht immer leicht.
Die gute Idee im Kopf, das nötige Kleingeld in der Hand - und plötzlich droht doch die Pleite. Nicht allen Gründern gelingt es, ihre Unternehmung erfolgreich am Markt zuführen: Zwischen 30 und 40 Prozent der in Deutschland eröffneten Unternehmen machen in den ersten fünf Jahren wieder dicht.
Warum scheitern junge Unternehmen?
Häufig werden betriebswirtschaftliche Fehler gemacht: Der Finanzbedarf wird falsch eingeschätzt, die Bedeutung von Zahlungsfähigkeit im Unternehmen nicht gesehen. Falsche Vorstellungen über das Produkt spielen ebenfalls eine Rolle. Dazu kommt, dass Jungunternehmer Vertrieb und Marketing unterschätzen. „Es genügt nicht, dass es eine gute Idee gibt. Man muss seine Kunden auch davon überzeugen“, sagt Martin Prager, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht und Sanierung im Deutschen Anwaltverein.
Wie viele Unternehmen schließen ohne wirtschaftliche Not?
Viele Gründer verlassen den Markt, bevor sie in eine prekäre Situation kommen oder Schulden anhäufen. Enttäuschte Erwartungen an Einkommen spielen eine Rolle, Stress und Arbeitsbelastung werden unterschätzt. Rund 40 Prozent der Unternehmen, die vom Markt gehen, schließen aus diesen Gründen, wie Volkswirt Jürgen Egeln vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung erklärt.
Bereitet das deutsche Insolvenzrecht Gründern Schwierigkeiten?
Die persönliche Haftung kann für junge Unternehmer die persönliche Insolvenz bedeuten. „In Deutschland ist das Haftungsregime bei Insolvenzverschleppung deutlich härter als in anderen Ländern“, sagt Georg Bitter, Professor für Insolvenzrecht an der Universität Mannheim. Denn wer den Insolvenzantrag nicht oder zu spät stellt, macht sich finanziell haft- und strafbar. Außerdem dürfen die Unternehmer fünf Jahre nicht mehr Geschäftsführer sein, sagt Sascha Kuhn, Rechtsanwalt bei der Kanzlei Simmons & Simmons in Düsseldorf.
Lohnt es sich überhaupt, ein junges Unternehmen zu sanieren?
Das hängt mehr von der Größe des Unternehmens als von seinem Alter ab. Bei jedem Insolvenzverfahren wird geprüft, ob sich eine Rettung lohnt. Dabei gilt: Je kleiner das Unternehmen, desto größer ist die Abhängigkeit von einer Person und desto höher das Schließungsrisiko.