„Elevator Pitch“ - Speed-Dating für Gründer und Investoren
Stuttgart (dpa) - Im Fahrstuhl mit dem Investor - und nur wenig Zeit, ihn von einer Geschäftsidee zu überzeugen. Veranstaltungen für Gründer wollen so jung und hip sein wie die Jungunternehmer selbst.
Deren Chancen auf frisches Geld verbessert das nicht unbedingt.
Die Gretchenfrage kommt 15 Sekunden, bevor der Aufzug angekommen ist. „Wie verdient ihr Geld?“ Was für so manchen beim ersten Kennenlernen tabu ist, ist beim „Elevator Pitch“ obligatorisch - die Frage nach den Finanzen. Hinter dem englischen Begriff verbirgt sich eine Veranstaltung für junge Gründer: Für die Dauer einer imaginären Fahrstuhlfahrt haben sie Zeit, Investoren ihre Geschäftsidee vorzustellen - ein Art Speed-Dating für Gründer und Geldgeber. Aber kommen Jungunternehmer so wirklich an Kapital?
Das imaginäre Haus, in dem der Fahrstuhl fährt, ist an diesem Abend in Stuttgart offenbar ein Wolkenkratzer. Ganze drei Minuten lang dürfen sich die Teilnehmer einer Jury präsentieren, in der neben Bankern auch erfahrene Gründer sitzen. Die kann dann noch einmal so lange Nachfragen stellen.
„Unsere Idee ist durch ein Problem entstanden“, beginnt Andreas Vollmer, der zusammen mit seinem Team eine Plattform für Mitfahrgelegenheiten gegründet hat. Schnell wird klar: Sein Ziel ist es hauptsächlich, günstig von A nach B zu kommen. Mit seinem „Bahnsharing“-Angebot will er Zugreisende zusammenbringen, die mit Gruppentickets für kleines Geld durchs Land rollen sollen. Die Jury ist noch nicht überzeugt. „Wo liegt der Profit für dich?“, will Thomas Waldner von der Stuttgarter Volksbank wissen.
„Der Profit ist nicht in erster Linie das Ziel gewesen“, antwortet Vollmer. Wichtig sei ihm erstmal der „proof of concept“ - der Beweis, dass die Idee funktioniere. Am Ende überzeugt das allerdings nicht. Ein anderer gewinnt den Wettbewerb und die 500 Euro Preisgeld.
Gründerveranstaltungen, die jung und unkonventionell daherkommen, gibt es hierzulande zuhauf. Neben dem Aufzug-Speed-Dating sind das etwa Businessplan-Wettbewerbe, bei denen Gründer um das beste Geschäftskonzept wetteifern oder Messen, bei denen sich Kapitalgeber als Aussteller präsentieren. Lockerer geht es bei gemeinsamen Stammtischen zu. Die Erwartungen von Geldgebern und Gründern sind allerdings nicht immer deckungsgleich.
„Wenn solche Veranstaltungen in Sachen Finanzierung etwas bringen sollen, dann müssen sie einen Branchenbezug haben“, erklärt Prof. Michael Schefczyk, der an der TU Dresden den Lehrstuhl für Entrepreneurship und Innovation hat. Einfach die Gründer aus einer Region zusammenzubringen, reiche nicht.
Der Wissenschaftler hat für das Bundeswirtschaftsministerium eine Studie zum Erfolg von Gründerveranstaltungen durchgeführt. Seine Erkenntnis: „Naturgemäß sind die Erwartungen der Gründer etwas höher. Sie wollen zum Beispiel häufig schon Antworten zum Vorgehen bei einer möglichen Finanzierung“, sagt er.
Bei der Stuttgarter Volksbank sieht man die Teilnahme beispielsweise als „Gelegenheit, frühzeitig Impulse zu geben, was geht und was nicht“, sagt Sprecher Matthias Layher. „Gründerveranstaltungen sind für uns nicht nur dazu da, uns als Finanzgeber zu präsentieren, sondern auch, um im Vorfeld Ideen auf deren Nachhaltigkeit und Realisierbarkeit hin abzuklopfen.“
Reicht dafür eine nachgestellte Fahrstuhlfahrt? „Im Grunde kann man nach drei Minuten erkennen: Hat sich derjenige ernsthafte Gedanken gemacht?“, erklärt Layher. „Eine Kapitalentscheidung kann aber natürlich nicht innerhalb dieses Zeitfensters getroffen werden.“
Für viele Teilnehmer reichen die wenigen Minuten tatsächlich locker, um über sich zu erzählen. Manche sprechen zwar extra-schnell, um sie voll auszunutzen. Früher fertig sind aber die meisten.
Clemens Walter von „ MyCouchbox“ braucht Geld für eine Verpackung: Der Jungunternehmer verschickt mit seinem Team Abo-Boxen durch ganz Deutschland, in denen Snacks für einen Abend auf dem Sofa liegen. Bevor er seine Idee präsentiert, verteilt er Knabberzeug an die Jury. Ob das den Ausschlag gegeben hat oder sein Konzept - am Ende ist er der Sieger.
„Das ist super für das Netzwerk“, sagt der 28-Jährige. Dass neben erfahrenen Gründern und Beratern auch Banker in der Jury sitzen, findet er gut. „Am Ende sind es unterschiedliche Experten, die einem zu verschiedenen Themen Tipps geben können.“
Auch Experte Schefczyk räumt ein: „Der Nutzen für Netzwerke und Informationsaustausch ist schon hoch. Dass man da mit einem unterschriebenen Scheck herausgehen kann, ist aber unrealistisch.“