Wer sich beruflich weiterentwickeln, spezialisieren oder umorientieren möchte, denkt womöglich über ein Fernstudium nach. Diese Studienform wird in Deutschland trotz teils hoher Kosten immer beliebter, wie eine Untersuchung des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) zeigt.
Wer ein berufsbegleitendes Fernstudium in Erwägung zieht, hat wahrscheinlich viele Fragen: Schaffe ich das neben dem Job? Wie hole ich meinen Arbeitgeber ins Boot? Und wie bezahle ich das?
Hier sind Antworten auf wichtige Fragen - als erste Orientierungshilfe.
Wann ist ein berufsbegleitendes Fernstudium das Richtige für mich?
Das Besondere am Fernstudium ist, dass Studierende frei wählen können, wann und wo sie lernen. Anstelle von Lehre in Präsenz gibt es Studienbriefe, die im Selbststudium erarbeitet werden, oder digitale Lernmethoden.
Die hohe Flexibilität macht das Fernstudium gerade für Berufstätige attraktiv, so Katharina Kurianowski, Beraterin bei der Bundesagentur für Arbeit. „Dass Studium und Beruf parallel geführt werden können, erfordert aber auch ein sehr gutes Zeitmanagement und Disziplin“, sagt sie. Bevor man ein Fernstudium antritt, solle man sich gut über das zu erwartende Pensum informieren.
„Wer Organisationsfähigkeit, Durchhaltevermögen und Motivation mitbringt, verfügt über wesentliche Eigenschaften, damit ein Fernstudium gelingen kann“, sagt Dorothee Schulze, Studienberaterin an der Fernuniversität in Hagen. Sie ist die einzige staatliche Fernuniversität in Deutschland.
Welche Zugangsvoraussetzungen gibt es?
Die Zugangsvoraussetzungen für ein Fernstudium hängen von der Hochschule und dem Studiengang ab. „Die Hürden sind aber oft geringer als an anderen Unis, gerade was Menschen ohne Hochschulzugangsberechtigung angeht“, sagt Kurianowski.
So kann etwa berufliche Erfahrung mitunter ein fehlendes Abitur wettmachen. Auch Zulassungsbeschränkungen oder „Hürden wie den NC“ gebe es beim Fernstudium seltener, so die Beraterin der Bundesagentur für Arbeit. Die meisten Anbieter sind private Hochschulen, die jeweils ihre eigenen Aufnahmebedingungen haben.
Wie wähle ich Hochschule, Studiengang und -modell aus?
Interessierte sollten sich vergegenwärtigen, was ihre Ziele mit einem Fernstudium sind, so Kurianowski. Soll es mehr Theorie oder mehr Praxis im Studiengang sein? Sind einem Kooperationen der Hochschule mit Praxis- oder internationalen Partnern oder bestimmte Lehrmethoden wichtig?
Eine erste Anlaufstelle können Informationsportale wie der Hochschulkompass sein. Dort sind Studiengänge diverser deutscher Hochschulen hinterlegt, die sich nach verschiedenen Kriterien filtern lassen. Wichtig ist ein Blick auf die Qualitätsstandards: „Man sollte immer auch darauf achten: Sind Hochschule und Studiengang akkreditiert?“, so Kurianowski.
Ein Fernstudium kann man in Vollzeit oder in Teilzeit absolvieren. Beides geht theoretisch neben dem Beruf. Da im Vollzeitstudium etwa 40 Wochenstunden Lernen angesagt sind, empfiehlt die Fernuni Hagen aber das Teilzeitmodell. „In dem Fall muss man kalkulieren, dass ein Bachelorstudium durchaus zehn bis zwölf Semester dauern kann“, erklärt Michael Creutz von der Studienberatung der Fernuni.
Wie finanziere ich mein Fernstudium?
Auch die Studienkosten können ein Faktor bei der Wahl der Hochschule sein. Der CHE-Untersuchung zufolge gibt es dabei große Unterschiede zwischen den Fernstudienprogrammen. Der Median liegt bei 2.207 Euro pro Semester.
Ein grundsätzlicher Vorteil des Studiums neben dem Beruf ist, dass das Gehalt erhalten bleibt. Manche Beschäftigte reduzieren aber auch ihre Arbeitszeit, um das Studium neben dem Beruf stemmen zu können. Reicht das Gehalt - auch mit zusätzlichen Ersparnissen - nicht aus, gibt es laut Katharina Kurianowski verschiedene Finanzierungs- und Fördermöglichkeiten.
Dazu zählen KfW-Studienkredite und Stipendien, etwa von Stiftungen oder Hochschulen selbst. Bei beruflich relevanten Studiengängen unterstützen manchmal auch Arbeitgeber. In speziellen Fällen kann auch die Bundesagentur für Arbeit ein Fernstudium fördern. Hierfür müssen aber einige Kriterien erfüllt sein, unter anderem müssen sich dadurch die Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessern.
Bafög kommt nur infrage, wenn man in Vollzeit und zum ersten Mal studiert - es scheidet beim berufsbegleitenden Studium also meist aus, so Kurianowski.
Sollte ich mein Fernstudium mit dem Arbeitgeber absprechen?
„Es ist nicht zwingend notwendig, den Arbeitgeber mit ins Boot zu holen“, sagt Dorothee Schulze von der Fernuni in Hagen. Es kann aber von Vorteil sein. Nicht nur, um eine mögliche finanzielle Unterstützung abzuklopfen. Auch die Rücksicht des Vorgesetzten angesichts der Doppelbelastung kann einem dabei helfen, besser durch das Fernstudium zu kommen.
„Es ist auch eine gute Idee, das im Kollegenkreis anzusprechen, damit ein Verständnis dafür da ist, dass man in dieser Zeit zum Beispiel nicht viele Überstunden machen kann“, so Katharina Kurianowski.
Wie schaffe ich es im Alltag, neben dem Job zu lernen?
Sich langfristig neben dem Job zum Lernen zu motivieren, kann herausfordernd sein. Beraterin Kurianowski empfiehlt, den Studienstoff in kleine Etappenziele herunterzubrechen und sich Wochenpläne zu erstellen. Dabei können digitale Tools helfen, etwa Projektmanagement-Apps oder Kanban-Boards. „Es kann helfen, sich zu motivieren, wenn man etwas visualisieren und dann abhaken kann“, sagt sie.
Hilfreich sei auch eine strukturierte Lernumgebung, „wo es Spaß macht, sich dem Studium zu widmen, und wo man nicht abgelenkt wird - durch einen Wäscheberg etwa“. Im Idealfall hat man das Studium gut in der Familie abgesprochen, sodass die einem den Rücken freihalten kann.
Kurianowski rät außerdem, sich so früh wie möglich mit den Modulplänen zu befassen und Prüfungsphasen in Erfahrung zu bringen. So könne man studienintensive Zeiten rechtzeitig in beruflichen und privaten Planungen berücksichtigen.
Auch wenn ein Fernstudium in erster Linie ein Selbststudium ist, ist man nicht auf sich allein gestellt. Es gibt vielfältige Beratungs- und Unterstützungsangebote, die Studierenden dabei helfen, ihr Studium erfolgreich zu meistern. „Man kann auch einen Lernbuddy finden oder eine Lerngruppe gründen“, so Dorothee Schulze.
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