Studenten haben wenig Vertrauen in Bachelor-Abschluss
Berlin (dpa) - 15 Jahre nach Einführung des Bachelor fällt die Bilanz ernüchternd aus. Die Mehrzahl der Studenten fühlt sich schlecht auf den Beruf vorbereitet. Bei den Arbeitgebern sehen sie wenig Akzeptanz für den neuen Abschluss nach nur sechs Semestern.
Mehr als jeder zweite Student sieht sich mit einem Bachelor-Abschluss nur unzureichend auf das Berufsleben vorbereitet. Auch äußert die Mehrzahl der Studierenden deutliche Zweifel an der Akzeptanz eines Bachelor-Abschlusses durch die Arbeitgeber. Dies sind Ergebnisse einer repräsentativen Studenten-Befragung durch das Allensbach-Institut im Auftrag des Reemtsma Begabtenförderungswerks. Die aktuell größte Sorge der Studierenden ist aber die Suche nach einer bezahlbaren Unterkunft. 72 Prozent kritisieren laut der am Dienstag (10. Juni) in Berlin veröffentlichen Befragung die geringe Zahl an Plätzen in Studentenwohnheimen.
Vor genau 15 Jahren hatten sich die europäischen Staaten und einige Nachbarländer in der alten Hochschulstadt Bologna auf die aufeinander aufbauende Studienstruktur mit Bachelor- und Master-Abschluss verständigt. Während in vielen anderen EU-Staaten der Bachelor nach etwa acht Semestern vergeben wird, wurden in Deutschland für das Studium in der Regel nur sechs Semester vorgegeben. Dies hat zu Klagen über Stofffülle und Studienstress geführt.
Von den über 2000 in Einzelinterviews befragten Studierenden im Alter zwischen 18 und 29 Jahren äußerten 61 Prozent die Absicht, nach dem Bachelor noch einen Master-Abschluss zu erwerben. Nahezu drei Viertel der Befragten versprechen sich davon bessere Karriere- und Verdienstmöglichkeiten. Zwei Drittel wollen sich zudem spezialisieren und ihre Kenntnisse vertiefen. Ursprünglich sollte der Bachelor ein berufsqualifizierender Abschluss sein und das Master-Studium nur wenigen ausgewählten Studenten offenstehen.
Bei den späteren Berufsvorstellungen der Studierenden rangiert der Wunsch nach einem „guten Betriebsklima“ mit 73 Prozent an erster Stelle. Der Arbeitsplatz sollte zukunftssicher sein (67 Prozent), und Arbeit und Privatleben müssten sich gut vereinbaren lassen (66). Ein hohes Einkommen halten dagegen nur 46 Prozent für wichtig. 35 Prozent wünschen sich eine Arbeit, die herausfordert und bei der man sein Können unter Beweis stellen muss. Jeder Vierte wünscht sich „wenig Stress“ am Arbeitsplatz.
27 Prozent der Studierenden planen einen Auslandsaufenthalt während des Studiums. Die überwiegende Mehrzahl der Bachelor-Studenten befürchtet hingegen, das im Ausland erworbene Studienleistungen hierzulande nicht anerkannt würden oder ihnen durch einen zeitweisen Wechsel der Hochschule zu viel Zeit verloren gehe. Dabei hatte die Einführung der Bachelor-Studiengänge gerade größere Mobilität ermöglichen sollen.
Nach dem Studium hingegen zieht mehr als jeder Dritte einen Ortswechsel in Erwägung, innerhalb Deutschlands wie auch ins Ausland. Dabei sind die jungen Frauen (36 Prozent) noch mehr zu Mobilität bereit als die gleichaltrigen Männer (33 Prozent).
Wichtigste Einnahmequelle der Studierenden sind nach wie vor die Eltern. Jeder Dritte bekommt laut Umfrage Bafög. 58 Prozent gaben an, neben dem Studium zu arbeiten.
Das Deutsche Studentenwerk (DSW) bekräftigte angesichts der Umfrageergebnisse seine Forderung nach zusätzlichen preisgünstigen und staatlich geförderten Wohnheimplätzen. Die Umfrage belege eine zunehmende Wohnungsnot und deutlich steigende Mietpreise in den Hochschulstädten.