Suche nach dem roten Faden: Schreibberatungen an den Unis
Bayreuth (dpa) - Der Abgabetermin für die Bachelorarbeit naht unaufhaltsam, die Gedanken im Kopf und auf den Notizzetteln lassen sich nicht mehr sortieren, es herrscht Chaos. Doch an immer mehr Unis gibt es Unterstützung.
Dass eine mühevoll zusammengezimmerte Hausarbeit eigentlich ein Fall für den Papierkorb ist, würde Andrea Bausch nie sagen. „Ich will auf Augenhöhe mit den Studierenden arbeiten“, sagt die Leiterin der Schreibberatung an der Uni Bayreuth. Sie will unterstützen und motivieren. Und nicht urteilen und Noten verteilen. Jetzt, wenn an den Hochschulen in Bayern die vorlesungsfreie Zeit begonnen hat, haben Bausch und ihr Tutoren-Team besonders viel zu tun. Denn dann sitzen die Studenten an ihren Hausarbeiten, schreiben an ihrer Bacholor- oder Masterarbeit oder verfassen ihre Doktorarbeit. Und wer dabei an der Uni Bayreuth Hilfe braucht, kann sich an Bausch wenden.
Im hellen und freundlichen Büro sprechen Bausch oder ihre speziell geschulten Tutoren mit den Studenten oder Doktoranden über ihre Arbeit. Nur fünf bis sieben Seiten werden exemplarisch durchgearbeitet. Wer auf einen billigen und schnellen Korrekturservice hofft, ist bei der Schreibberatung falsch. „Wir geben neutrales Feedback von außen“, sagt Bausch. Ideal wäre es, wenn die Schreibberatung bereits während des Schreibprozesses eingebunden wäre. Aber natürlich komme es auch vor, dass jemand zwei Tage vor der Abgabe panisch um Hilfe bittet. „Wir schauen dann, was wir machen können.“
Vor knapp sechs Jahren wurde die Schreibberatung in Bayreuth installiert. Man sei die erste fächerübergreifende Einrichtung dieser Art an einer bayerischen Hochschule gewesen, betont Bausch. Und man habe schon gearbeitet, bevor der Fall Guttenberg die Uni Bayreuth in die Schlagzeilen brachte: „Wir sind keine Konsequenz daraus.“ Der ehemalige CSU-Politiker Karl-Theodor zu Guttenberg hatte in Bayreuth promoviert, der Doktortitel wurde ihm aber wieder aberkannt, als herauskam, dass weite Teile der Arbeit abgekupfert waren.
Wohl aber sei die Sensibilität für mögliche Plagiate nach dem Skandal gewachsen, glaubt Bausch. Die Studenten seien aufgerüttelt worden, dass man Internetquellen wie Wikipedia nicht einfach so trauen sollte.
Mehr als 600 Studierende und Doktoranden der Uni haben im vergangenen Jahr das Angebot der Schreibberatung genutzt, in diesem Jahr rechnet Bausch mit etwa 800 Ratsuchenden. Die Beratung habe sich etabliert. „Die Studenten wissen, das ist eine legale und auch kostenlose Möglichkeit, sich unterstützen zu lassen. Das, was wir machen, hat Hand und Fuß“, versichert die Politologin und Journalistin. Auch immer mehr Dozenten würden ihre Studenten auf die Schreibberatung aufmerksam machen. Denn denen bleibe oft keine Zeit, sich intensiv in den Schreibprozess einzuklinken. Und wenn doch, dann gehe es um fachliche Fragen.
Sie und ihre Tutoren dagegen überprüfen, ob die Gliederung der Arbeit Struktur gibt, ob wissenschaftliche Standards eingehalten werden, ob sich ein roter Faden durch den Text zieht. „Und manchmal kommen auch Studenten mit echten Schreibblockaden.“ Die Expertin stellt dann viele Fragen. Das helfe, die Gedanken wieder zu ordnen. Schließlich säßen die meisten Studenten alleine am Schreibtisch oder in der Bibliothek an ihrer Arbeit und hätten kaum eine Möglichkeit, sich auszutauschen.
Bausch wirbt dafür, dass das Schreiben im Studium nicht nur als lästige Pflicht gesehen wird. Verständlich und strukturiert zu schreiben und zu formulieren, sei eine Qualifikation, die auch im späteren Berufsleben wichtig sei, egal, ob man als Chemiker, Lehrer oder Jurist arbeite: „Das ist ein Prinzip, das sich durchzieht.“
Auch andere Unis in Bayern haben inzwischen ähnliche Angebote für ihre Studenten geschaffen. So bietet die Würzburger Universität seit dem Wintersemester 2014/15 eine Schreibberatung an. „Häufig empfinden die Studierenden die Selbstorganisation im Schreibprozess als herausfordernd oder problematisch“, betonen die Leiterinnen Isabel Fraas und Petra Zaus. Oder sie seien unsicher wegen der an sie gestellten Anforderungen. In Regensburg können sich die Studenten seit 2011 helfen lassen. Ziel sei es, die Studierenden „als Schreibende darin zu unterstützen, kompetente und selbstständige Autoren ihrer Texte zu werden“, sagt ein Sprecher.
An der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München ist aktuell ein Schreibzentrum an der Fakultät für Sprach- und Literaturwissenschaften gegründet worden. Denn: „Studierende wünschen sich zunehmend Angebote rund um das wissenschaftliche Schreiben und Lesen“, sagt Bärbel Harju vom Schreibzentrum.