Wie werde ich...? Logopäde
Osnabrück (dpa/tmn) — Stottern, Lispeln oder Heiserkeit: Logopäden helfen Menschen bei Stimmproblemen aller Art. Bisher war in dem Beruf eine dreijährige schulische Ausbildung üblich. Doch der Trend geht zum Studium.
Aus Alexander Fillbrandts Behandlungszimmer dringen manchmal seltsame Geräusche: „Blobb, blobb, blobb“ oder „mljom, mljom“ tönt es dann - minutenlang. Manchmal sind Schreie zu hören, dann wieder nur Gemurmel. Bei Fillbrandt ist dann wieder Therapie.
Fillbrandt ist Logopäde und behandelt Sprachstörungen aller Art: Stotternde Kinder gehören genauso zu seinen Patienten wie heisere Lehrer. Spezialisiert hat er sich auf den Bereich Schlucktherapie. Er hilft etwa Schlaganfallpatienten, die erst wieder lernen müssen, Nahrung aufzunehmen. Häufig verschlucken sich Betroffene beim Essen - und drohen im schlimmsten Fall an den Bissen zu ersticken.
Um das Problem in den Griff zu bekommen, macht Fillbrandt mit ihnen Muskelübungen. „Ich kann mit vergleichsweise einfachen Mitteln helfen“, schwärmt er von seinen Job. Ein Erfolg ist für ihn, wenn ein Schlaganfallpatient wieder essen kann und sich freut, an einer Familienfeier teilnehmen zu können.
Zu Logopäden kommen Patienten in jedem Alter. Senioren, die nach einem Unfall oder einer Operation nicht mehr sprechen können. Berufstätige wie Dozenten oder Sänger, die an permanenter Heiserkeit leiden. Kinder, die Sprachstörungen entwickeln und stottern oder lispeln. Nach Schätzungen gibt es rund 800 000 Menschen in Deutschland, die stottern, erklärt Christiane Hoffschildt, Präsidentin des Deutschen Bundesverbands für Logopädie (DBL).
Wer sich für den Job interessiert, braucht Geduld und Fingerspitzengefühl. Denn Sprachstörungen zu behandeln, ist ein langer Prozess - mancher Patient verliert in den langwierigen Therapien auch einmal die Nerven.
Für die dreijährige schulische Ausbildung brauchen Bewerber die mittlere Reife oder einen Hauptschulabschluss mit abgeschlossener Berufsausbildung. Bundesweit gibt es rund 80 Schulen in staatlicher oder privater Trägerschaft. Die zehn staatlichen Fachschulen gehören zu Universitätskliniken, erklärt Vera Wanetschka vom Bundesverband Deutscher Schulen für Logopädie (BDSL). Das Schulgeld liegt an den privaten Hochschulen zwischen 600 und 800 Euro im Monat. Die staatlichen Schulen sind billiger.
Der Trend geht laut Wanetschka jedoch in Richtung Studium. Insgesamt 14 Hochschulen bieten bereits ein verkürztes Bachelorstudium im Anschluss an die Grundausbildung an. Auch Studiengänge, für deren Zulassung keine Ausbildung nötig ist, gibt es inzwischen an einigen Universitäten.
Doch egal, ob Ausbildung oder Studium: Medizinische Fächer wie Anatomie oder Neurologie stehen für alle angehenden Logopäden auf dem Stundenplan. Daneben sind praktische Übungen bei beiden Ausbildungswegen wichtig. Angehende Logopäden simulieren etwa Therapien. Lehrkräfte schauen hinter einem Spiegel zu - und werten die Stunden anschließend aus. Zur Ausbildung gehören auch immer wieder lange, praktische Phasen in Unternehmen. Bei Alexander Fillbrandt hatte die Lehre bis in die Freizeit Spuren hinterlassen. „Anfangs nahm ich überall behandlungsdürftige sprachgestörte Mitmenschen wahr. Das hat sich rasch gelegt“, erinnert er sich.
Die Absolventen haben gute Berufsaussichten, sagt Wanetschka. „Viele Azubis haben bereits vor Ende der Ausbildung eine Stelle oder einen Studienplatz in der Tasche.“ Auch in Krankenhäusern mit Spezialabteilungen für Schlaganfälle seien Logopäden immer gefragter, erläutert Fillbrandt. Oft lassen sich die Fachkräfte auch mit eigener Praxis nieder. Anfängern sei davon jedoch abzuraten. Neben der Therapie noch die Buchhaltung in der Praxis zu erledigen, überfordere viele zum Beginn der Karriere.
Aus finanziellen Gründen sollten Schulabgänger sich für den Beruf aber nicht entscheiden. „Was man in die Ausbildung steckt und was man dafür bekommt, steht in keinem Verhältnis“, findet Hoffschildt. Niedergelassene Logopäden rechnen ihre Leistung gegenüber den Krankenkassen ab. Die Sätze unterschieden sich je nach Bundesland. Die am häufigsten verordnete 45-Minuten-Einzelbehandlung werde in Brandenburg und Sachsen-Anhalt etwa mit 24 Euro bezahlt. Im Saarland gebe es den Höchstsatz von 38 Euro. Die vielfältige Arbeit mit Menschen wiegt das für Hoffschildt aber auf.