Wie werde ich...? Maskenbildner

Berlin (dpa/tmn) - Volle Lippen, gigantische Füße, bildschöne Augen oder Tentakel - manchmal entscheiden diese Details, ob ein guter Film zum Meisterwerk wird. Maskenbildner können die heimlichen Stars großer Filme werden.

Aber ihr Job ist kein Zuckerschlecken.

Der Dozent für historische Frisuren trägt Glatze und Vollbart. Ralf Wezel stützt seine tätowierten Unterarme auf die Rückenlehne des Drehstuhls, in dem Isabel für ihre Mitschülerin Marie Modell sitzt. „Du überholst dich hier ein bisschen“, sagt er und lässt den Zeigefinger über Isabells Kopf fahren, den jetzt eine spanische Frisur aus der Renaissance ziert. Ganz zufrieden ist Marie nicht. Aber das kennt sie nicht anders.

Marie Sommer und Isabel Ruß sind Namen, die man vielleicht mal im Abspann eines Blockbusters lesen kann. Sie lassen sich an der Mephisto Maskenbildnerschule in Berlin in dem Beruf ausbilden, dem Mister Spock seine Ohren verdankt und Frodo seine Füße: dem Maskenbildner. Ist das Kunst oder Handwerk? Maskenbildner lägen irgendwo dazwischen, sagt Michael Assenmacher vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK).

Vom bloßen Hübschmachen ist die Maskenbildnerei so weit entfernt wie Frodo von Mister Spock. In Maries und Isabels Klassenraum sitzen und stehen, zwirbeln, glätten und toupieren 24 Mädchen und 2 Jungen. Kaum einer spricht, absolute Konzentration herrscht. Die Luft lässt sich schneiden - nicht nur wegen des Haarsprays.

Mephisto ist eine Privatschule. „Ein Sonderweg“, sagt Assenmacher. „Der normale Weg ist die klassische duale Ausbildung.“ Drei Jahre dauert sie. Zwei Drittel der Zeit verbringen die Auszubildenden im Betrieb, zum Beispiel am Theater, ein Drittel in der Berufsschule. Deutschlandweit gebe es vier davon, in Hamburg, Berlin, Köln und Baden-Baden, erklärt Regine Hergersberg, Vorsitzende der Bundesvereinigung Maskenbild. Außerdem beschäftigten sich zwei Studiengänge mit Maskenbild: die Hochschule für Bildende Künste in Dresden und die Bayerische Theaterakademie in München.

Etwa 900 Menschen arbeiteten in Deutschland derzeit als Maskenbildner, sagt Hergersberg. Ungefähr 140 Ausbildungsverträge liefen momentan, gibt Assenmacher an. Im vergangenen Jahr hätten rund 40 Jugendliche eine Lehre begonnen. Die Ausbildungsvergütung liegt laut Assenmacher zwischen 550 und 600 Euro im Monat. „Das ist grausig gering“, kritisiert Hergersberg. Etwa 1600 Euro im Monat verdienten fest angestellte Berufsanfänger an öffentlichen Theatern, sagt sie. Die Tarifgage bei Film und Fernsehen werde wöchentlich abgerechnet, weil es selten Projekte gebe, die mehrere Monate dauerten, und liege bei etwas mehr als 1100 Euro für eine 50-Stunden-Woche.

Marie und Isabell werden vollständig in der Schule ausgebildet, ohne Betrieb. Für die drei Jahre bezahlen sie rund 28 000 Euro. „Für mich lohnt das“, sagt Marie und lässt eine Haarspraywolke auf Isabel niederrieseln. „Ich will ja später ins Filmgeschäft.“

Gegen eine Privatschule spricht für Assenmacher der Klebeeffekt: Wer bereits in einem Theater- oder Filmbetrieb gelernt habe, bekomme dort auch schneller einen festen Job. Ob Betrieb oder Privatschule: Kontakte sind alles in der Branche. Isabel und Marie bekommen von der Schule deshalb ab und zu frei, wenn sie kleine Jobs an Land gezogen haben, zum Beispiel bei der Komischen Oper in Berlin oder bei der Fashion Week.

„In dem Beruf muss man es auch mögen, wenn man nur ein kleines Rädchen in einem großen Uhrwerk ist“, sagt Hergersberg. „Es gehört ein enormes Maß an Idealismus dazu“, warnt sie. Aber auch mit Betriebswirtschaft muss man sich auskennen. „Es gibt so viele, die nur Künstler sind. Das reicht nicht.“ Vor allem deshalb nicht, weil die meisten Maskenbildner später eher als Selbstständige arbeiten.

Auch wenn viele vorher eine Friseurlehre machen, eine Voraussetzung sei das nicht. Schaden könne sie allerdings nicht, sagt Hergersberg. Auch Marie hat eine Friseurausbildung abgeschlossen. Auf der Borte vor ihrem Spiegel liegt ein brauner Flechtzopf. Den hält sie kurz an Isabels Schläfenrolle, prüfender Blick, nein, das wäre zu viel. Was Wezel sagen wird, weiß sie jetzt noch nicht, aber sie ahnt: „Es ist immer was.“ Als der Dozent nach seiner Kritik die Ellenbogen von Isabels Rückenlehne hebt, drückt er dann aber doch die Finger auf sein bärtiges Kinn und murmelt: „Ich finde aber: wacker geschlagen.“