Wie werde ich..? Ökotrophologe
Fulda (dpa/tmn) - Böse Zungen behaupten, im Ökotrophologie-Studium drehe sich alles ums Putzen und Kochen. Dabei geht es um mehr als Haushaltsführung. Die Studenten besuchen Vorlesungen in Medizin, Soziologie und BWL.
Später arbeiten viele in der Industrie.
Zugegeben, der Name des Studiengangs klingt kompliziert. Ökotrophologie kommt aus dem Griechischen und heißt übersetzt Haushalts- und Ernährungswissenschaften. Anna-Lena Klapp hat der Name nicht abgeschreckt. „Ich bin Veganerin und habe mich schon immer sehr für Lebensmittel interessiert.“ Der 25-Jährigen liegt nicht nur ihre eigene Ernährung am Herzen. „Ich hinterfrage gerne kritisch, wie unsere Lebensmittel produziert werden“, begründet sie ihre Studienwahl.
Woran erkenne ich, ob ein Lebensmittel verdorben ist? Wie therapiere ich ein übergewichtiges Kind? Und wie wird Schokolade hergestellt? Mit solchen Fragen beschäftigt sie sich in ihrem Studium. Auf dem Stundenplan steht ein bunter Mix aus Vorlesungen aus unterschiedlichen Fachrichtungen. „Die Studenten lernen interdisziplinär“, erklärt Monika Düngenheim vom Verband der Oecotrophologie (VDOE). Sie beschäftigen sich mit Methoden und Inhalten aus so verschiedenen Wissenschaften wie Medizin, Soziologie und Betriebswirtschaftslehre. „Ökotrophologen schauen nicht nur auf den Teller, sie blicken über den Tellerrand hinaus.“
Jede Hochschule setzt bei den Studienfächern etwas andere Schwerpunkte. „Ökotrophologie-Studenten sollten vielseitig interessiert sein“, rät Düngenheim. Die künftigen Experten lernen im Studium den gesamten Lebensmittelkreislauf kennen. Sie wissen nicht nur, wie zum Beispiel Kartoffeln produziert werden. Sie kennen auch die Nährstoffe, die sie enthalten, wie sie zu Pommes werden und welche Auswirkungen die industrielle Nahrungsmittelproduktion auf die Umwelt und den Menschen hat.
Module wie Ernährungsphysiologie erklären, wie die Nährungsaufnahme und -verarbeitung im Körper abläuft. Im Fach Soziologie geht es zum Beispiel um das Essverhalten verschiedener Nationen. Auch Betriebswirtschaftslehre steht auf dem Stundenplan: Hier ist ein mögliches Thema, einen Bauernhof aus betriebswirtschaftlicher Sicht kennenzulernen. Natürlich verbringen „Oec-trophs“, wie sich die Studierenden gerne selber nennen, auch einige Zeit im Labor und in der Bibliothek. „Pauken muss jeder“, sagt Studentin Klapp. Aber auch die etwas trockenen Fächer wie Lebensmittelrecht seien machbar.
„Natürlich muss niemand, der sich für das Studium entscheidet, vorher wissen, ob er später lieber Patienten zu gesunder Ernährung beraten oder im Marketing arbeiten möchte“, sagt Helga Keil. Sie ist Studienberaterin an der Hochschule Fulda. Überhaupt sei es ein Irrglaube, dass Ökotrophologen nur gesunde Ernährung im Kopf haben. „Manche entwickeln später lieber Mikrowellen, andere kontrollieren Qualität und Hygiene in der Lebensmittelproduktion“, betont sie.
In Fulda dauert das Bachelorstudium sechs Semester. Die ersten drei gehören zum Grundstudium. Ab dem vierten trennen sich die Wege der angehenden Oec-trophs je nach Interesse in Ernährungsindustrie, Lebensmittelqualität oder Ernährung und Gesundheit.
Insgesamt gibt es mehr als ein Dutzend Studiengänge, wie die Datenbank der Hochschulrektorenkonferenz zeigt. Die vorgesehene Zahl an Semestern schwankt zwischen sechs und sieben. Einige Ausbildungsorte verlangen Pflichtpraktika in den Semesterferien oder reservieren - wie in Fulda - dafür sogar ein ganzes Semester. Zusätzlich bieten die meisten Hochschulen Masterstudiengänge an.
Ökotrophologen werden vor allem im Qualitätsmanagement, im Marketing, im Vertrieb und in der Produktion oder Produktentwicklung von Firmen gesucht. Das haben Auswertungen des Stellenmarkts ergeben, die der Berufsverband VDOE gemacht hat. Weitere mögliche Berufsfelder sind die Ernährungsberatung, die Wissenschaft oder Pharmaberatung.
Klapp weiß schon genau, wohin für sie die Reise nach dem Studium gehen soll: „Ich möchte nicht ins Labor, sondern kommunikativ arbeiten, zum Beispiel in der Öffentlichkeitsabteilung einer gemeinnützigen Organisation.“
Dass sie damit gute Chancen auf eine Stelle hat, bestätigt Düngenheim vom Berufsverband. Ökotrophologen arbeiteten an vielen Schnittstellen, erzählt sie. Arbeitgeber suchten Menschen, die den Weg der Lebensmittel nachzeichnen, die koordinieren und leiten können und in der Lage sind mit Endverbrauchern zu kommunizieren. Ökotrophologen könnten all das besonders gut.