Wie werde ich...? Rechtspfleger

Naumburg (dpa/tmn) - Rechtspfleger sind so etwas wie der kleine Bruder vom Richter. Sie treffen im Gericht eigene Entscheidungen, aber nur in wenigen Bereichen. Dazu gehören etwa Grundbücher und Handelsbücher.

Sie sollten entscheidungsfreudig und konfliktfähig sein.

Seinen Ursprung hat der Beruf in der Aufgabe der Gerichtsschreiber. Sie unterstützten früher den Richter bei seiner Arbeit. Seitdem hat sich einiges geändert. Das Einsatzfeld von Rechtspflegern ist größer geworden - und es reicht mittlerweile in die unterschiedlichsten Bereiche. Sie kümmern sich um Zwangsvollstreckungen genauso wie um Erbschaften.

Die meisten Rechtspfleger arbeiten an Amtsgerichten. Dort seien sie überwiegend in der freiwilligen Gerichtsbarkeit tätig, erzählt Ralf Wilzer, Rechtspfleger am Oberlandesgericht Naumburg an der Saale. Dort geht es zum Beispiel um Grundbuchsachen oder Vermächtnissachen. Rechtspfleger sind aber auch bei der Vollstreckung im Einsatz. Muss eine verurteilte Person zum Haftantritt geladen werden, dann macht das der Rechtspfleger.

Im Berufsalltag hat der Rechtspfleger daher in manchen Bereichen nur mit Akten, Computern und Kollegen zu tun. In anderen Feldern hingegen haben sie auch viel Kontakt mit rechtssuchenden Bürgern. Bei Zwangsversteigerungen zum Beispiel bekommt es der Rechtspfleger gleich mit Gläubigern und Schuldnern zu tun. „Bei einem solchen Verfahren bekommt man erst die Akte auf den Tisch und muss dann das Verfahren anordnen, den Wert der Immobilie bestimmen und den Versteigerungstermin festlegen“, erklärt Claudia Kammermeier vom Bund Deutscher Rechtspfleger in Düsseldorf. „Doch der Rechtspfleger ist dann auch für die Durchführung der Versteigerung verantwortlich, bevor die Schlussverteilung ansteht und der Gewinn an die Gläubiger verteilt wird.“

Für die Ausbildung zum Rechtspfleger muss man ein Studium an einer Fachhochschule machen. „Das dauert drei Jahre und hat sowohl theoretische, als auch praktische Teile“, sagt Kammermeier. „Das heißt, dass die Studierenden neben der Lehre an der Fachhochschule auch schon im Gericht mitarbeiten müssen“. Das Studium deckt bereits alle Gebiete ab, in denen Rechtspfleger nach dem Studium arbeiten können. „Zwar ist der Anteil der Männer unter den Rechtspflegern derzeit noch höher, aber es entscheiden sich auch zunehmend mehr Frauen für den Beruf.“

Einen Vorgesetzten haben Rechtspfleger in ihrem Berufsalltag nicht: Sie handeln nach Angaben des Berufsinformationsdienstes Berufenet der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg ausschließlich auf Grundlage von Gesetzen, Rechtsverordnungen und Dienstvorschriften.

Im Berufsalltag stehen sie dabei direkt, schriftlich und telefonisch unter anderem mit Rat und Recht suchenden Personen, Vormündern und Pflegern oder Rechtsanwälten in Kontakt. Dafür ist es hilfreich, wenn man auf Menschen unterschiedlicher sozialer Schichten und kultureller Herkunft eingehen kann. Wichtig ist, dass Rechtspfleger es verstehen, auch Laien komplexe rechtliche Sachverhalte zu erklären.

„Da Rechtspfleger im Berufsalltag immer wieder verschiedene Interessen abwägen und Entscheidungen treffen müssen, sollte man entscheidungsfreudig sein und seine Entscheidungen auch vertreten können“, rät Kammermeier. „Wer als Rechtspfleger beispielsweise in der Vollstreckung tätig ist, darf zudem nicht konfliktscheu sein.“

Die Jobaussichten sind nach dem Studium sehr gut. „Weil viele Oberlandesgerichte bedarfsgerecht zur Ausbildung einstellen, werden die Absolventen meist übernommen, häufig von Gerichten“, sagt Wilzer. Das sei jedoch nicht immer der Fall. „Wer nach der Ausbildung nicht verbeamtet in den Staatsdienst übernommen wird, hat aber auch die Möglichkeit, bei einem Notar als Bürovorsteher oder bei Banken unterzukommen.“