Arbeitgeber im Netz bewerten: Beleidigungen sind tabu

Berlin (dpa/tmn) - Noten vergeben ist im Internet in Mode: Urlauber bewerten Hotels, Schüler ihre Lehrer - und inzwischen auch Arbeitnehmer ihre Arbeitgeber. So können Beschäftigte anonym ihren Ärger loswerden und Kritik anbringen.

Dabei dürfen sie aber nicht zu weit gehen.

„Mein Chef ist ein Idiot!“ - das haben sicher viele Angestellte schon einmal gedacht. Ins Gesicht würden sie ihm das natürlich nie sagen. Im Internet haben manche da weniger Hemmungen. Darauf setzen Seiten wie Kununu.com, Jobvote.com oder Meinchef.de: Auf solchen Bewertungsportalen dürfen Mitarbeiter ihrem Arbeitgeber einmal richtig die Meinung sagen - kostenlos und anonym. Schmähkritik ist aber tabu: Wer Vorgesetzte öffentlich beleidigt oder Firmengeheimnisse ausplaudert, riskiert seinen Job.

Die Bewertungen drehen sich dabei nicht nur um den Chef allein. Auch für das Betriebsklima, den Lohn, die Aufstiegschancen und das Angebot an Weiterbildungen dürfen Mitarbeiter Noten vergeben. „Die Arbeit ist Knochenarbeit“ beschwert sich etwa ein Nutzer der Seite Evaluba.com. „Es werden ständig finanzielle Versprechungen gemacht, die nie eingehalten werden“, klagt ein anderer auf Kununu.com. Und ein Dritter will sogar „Spitzel unter den Kollegen“ bemerkt haben.

Das soll zum Beispiel Bewerbern helfen, sich ein Bild von einer Firma zu machen, in der ein Job frei wird. So ermöglichten die Bewertungen einen Blick „hinter die Kulissen der Unternehmen“, erklärt Per Hlawatschek von der Seite Meinchef.de.

Die Idee: Über das Internet sollen Außenstehende Dinge aus erster Hand über die Firma erfahren. Und sie sollen die ehrliche Meinung von Mitarbeitern hören. Von der Kritik kann auch der Chef etwas haben: Er erfahre so, was die Mitarbeiter wirklich denken, erklärt Johannes Knausenberger von der Seite Evaluba.com. „Es ist eben einfacher, das anonym zu äußern, als es dem Chef ins Gesicht zu sagen.“

Eine reine Mecker-Ecke soll das Ganze zudem nicht sein, sagt Knausenberger. Und es sei auch nicht so, dass Nutzer nur ihren Frust ablassen - positive und negative Einträge hielten sich in der Praxis in etwa die Waage.

Ohnehin ist nicht alles erlaubt beim Bewerten des Chefs. „Das Internet ist kein rechtsfreier Raum“, warnt der Rechtsanwalt Michael Eckert aus Heidelberg. Gegen schlechte Noten allein könne ein Arbeitgeber zwar nicht vorgehen. Schmähkritik und unwahre Behauptungen bringen einem aber leicht Ärger ein. So dürften Arbeitnehmer nicht einfach „Die zahlen nie pünktlich“ oder „Mein Chef ist ein Steuerhinterzieher“ schreiben, wenn das nicht stimmt, erklärt Eckert, der Vorstandsmitglied vom Deutschen Anwaltverein (DAV) ist. Solche Verleumdungen oder üble Nachrede könnten eine Abmahnung nach sich ziehen. „Schlimmstenfalls droht sogar die fristlose Kündigung.“

Außerdem können solche Vergehen strafrechtlich geahndet werden: Auf eine Beleidigung etwa stehen eine Geldstrafe oder bis zu ein Jahr Haft. Beschäftigte dürfen dabei nicht glauben, dass sie sich im Netz einfach hinter ihrem Pseudonym verstecken können. So sollten sie sich nicht von der scheinbaren Anonymität des Webs zu maßlosen Äußerungen verleiten lassen, rät Eckert. Bei einer Strafanzeige könne ein Gericht anordnen, dass der Anbieter die Nutzerdaten herausgeben muss. Und selbst wenn das nicht passiert, kann Nutzern Ärger im Job drohen. Denn unter Umständen reiche schon der begründete Verdacht einer Straftat für eine Kündigung aus, erklärt Eckert.