Wie werde ich...? Schifffahrtskaufmann
Hamburg (dpa/tmn) - Schifffahrtskaufleute fahren nicht zur See. Sie sitzen in den Büros in den Häfen und überprüfen, welches Schiff welche Fracht geladen hat. Lehrlinge brauchen gute Englischkenntnisse.
Denn oft haben sie es mit Kunden im Ausland zu tun.
Detlef Meenke vom Verband Deutscher Reeder (VDR) in Hamburg bringt es auf den Punkt: „Schifffahrtskaufleute haben den interessantesten der kaufmännischen Ausbildungsberufe.“ Denn der Beruf ist nicht nur international, sondern auch vielseitig. Schifffahrtskaufleute steuern die weltweiten Warenströme auf tausenden von Handelsschiffen.
Am 1. August ist eine neue Ausbildungsordnung in Kraft getreten. Schon jetzt liegt die Messlatte für einen Ausbildungsplatz hoch. Das Gesetz schreibt zwar keine bestimmte Schulbildung vor. Doch die Arbeitgeber stellen am liebsten Abiturienten und Bewerber mit Fachhochschulreife ein. „Sie haben bessere Englischkenntnisse“, nennt Meenke als Grund. „Englisch ist - in Wort und Schrift - die dominierende Fachsprache des Berufs“, sagt auch Alexander Geisler, Geschäftsführer des Zentralverbandes Deutscher Schiffsmakler (ZVDS) in Hamburg.
Die Ausbildung ist in zwei Fachrichtungen möglich: in der Linienfahrt und der Trampfahrt. In der Linienfahrt wickeln die Schifffahrtskaufleute den Frachtverkehr auf Wunsch der Kunden nach festgelegten Schifffahrtsverbindungen ab. „Trampschiffe dagegen verkehren wie Taxis, ohne Fahrplan“, erläutert Meenke. Die neue Ausbildungsordnung hat vor allem die Linienschifffahrt reformiert. Dort dürfen nun mehr Betriebe als bisher ausbilden und der Containerverkehr wird stärker berücksichtigt.
Die duale Ausbildung dauert in der Regel drei Jahre, kann aber bei entsprechender Eignung verkürzt werden. Lehrstellen bieten vor allem Reedereien und Schiffsmakler. Die Berufsaussichten seien ausgezeichnet, heißt es in der Branche. Denn der Welthandel wächst weiter. Bewerber sollten sicher stellen, dass sie sich rechtzeitig um einen Ausbildungsplatz kümmern. „Schon mit dem Zeugnis der 12. Jahrgangsstufe bewerben und nicht erst nach dem Abi“, rät Meenke.
Der Unterrichtsstoff für die beiden Fachrichtungen ist in den ersten zwei Schuljahren gleich: Analyse der Transport- und Ladungsmärkte, Planung und Steuerung des Güterverkehrs auf den Schiffen und die Abwicklung der Schiffe im Hafen. Die angehenden Kaufleute lernen die entsprechenden Dokumente kennen und werden in der Geschäftskorrespondenz - natürlich in Englisch - unterrichtet. Im dritten Jahr folgt dann die Spezialisierung.
In der praktischen Ausbildung im Betrieb lernen die künftigen Schifffahrtskaufleute nicht nur den Umgang mit Geschäftspartnern, sondern auch mit Behörden und Seeleuten. Sie müssen mit einem Auftraggeber den Preis einer Fracht aushandeln, beim Schiffsausrüster Proviant für einen Stückgutfrachter bestellen, die Betankung eines Kühlschiffes organisieren und eine Ladung Maschinenteile versichern. Computer, Telefon und Fax gehören zum Arbeitsalltag.
„Kommunikationsfähigkeit und gewandtes, verbindliches Auftreten sind dabei wichtige Voraussetzungen für diesen Beruf“, sagt Geisler. Es müsse dabei Rücksicht auf die unterschiedlichen Mentalitäten, politischen Orientierungen und Umgangsformen der in- und ausländischen Gesprächspartner genommen werden.
Schifffahrtskaufleute handeln Frachtraten und Lieferzeiten aus. Dazu müssen sie marktgerecht kalkulieren, was mathematisches Verständnis voraussetzt. Unentbehrlich ist auch ihr Interesse für internationale Ereignisse. Wenn in einem fernen Land beispielsweise ein Bürgerkrieg ausbricht, können Häfen nicht angelaufen werden. Dafür muss dann eine Lösung her, welche die Situation entschärft und den Auftraggeber zufriedenstellt.
Die meisten der bundesweit etwa 1000 Azubis gibt es in der Hafenstadt Hamburg, dem Schwerpunkt der deutschen Seeschifffahrt. An dieser Berufsschule erhalten derzeit 606 angehende Schifffahrtskaufleute Unterricht. „Mehr als 45 Prozent von ihnen sind Frauen“, sagt Schulleiter Jan Theodor Schlichting. Von den Schülern haben 91 Prozent Abitur.
Im Schiffsmakler- und Reedereigewerbe sind die Ausbildungsvergütungen tariflich festgelegt. Sie beginnen im ersten Jahr mit 630 Euro, steigen auf 730 Euro und erreichen im dritten Jahr 830 Euro monatlich. Viele Betriebe zahlen allerdings mehr. Anfänger können mit einem Einstiegsgehalt zwischen 24 000 und 30 000 Euro jährlich rechnen. Allerdings steigt das Gehalt nach Fähigkeit. „Zum Teil erfolgt eine erfolgsabhängige Bezahlung“, meint Meenke.