„Wir müssen reden“ Wie wir schwierige Gespräche im Job meistern
Hamburg/Holzgerlingen · Der Kunde lädt zum Krisen-Call, die Vorgesetzte will wissen, warum das Projekt stockt: Jeder kennt diese Gespräche, die man am liebsten vermeiden würde. Wie wir sie souverän überstehen.
Schwierige Gespräche gehören zum Berufsleben - ob es um eine Gehaltsverhandlung, eine Konfliktsituation im Team oder ein Kritikgespräch mit dem Vorgesetzten geht. Viele zögern, solche Gespräche zu führen, weil sie Angst vor negativen Konsequenzen oder Zurückweisung haben. Doch das verschärft die Situation oft nur.
„Wer ein konfliktbehaftetes Thema anspricht, riskiert, die eigene Position oder eine bestehende Beziehung zu gefährden“, sagt die Kommunikationstrainerin Imke Leith. Doch: Je mehr man solche Gespräche meidet, desto größer werde oft die Hemmschwelle, sie irgendwann zu führen. Wer sich dem Austausch jedoch stellt - auch wenn er herausfordernd sein mag - gewinne nicht nur an Klarheit, sondern auch an Selbstbewusstsein und Souveränität. Diese Strategien helfen Ihnen, schwierige Themen im Job anzusprechen:
1. Unsicherheit überwinden
„Statt bei Unsicherheit den Kopf in den Sand zu stecken, lohnt es sich, die eigenen Ängste bewusst zu hinterfragen“, sagt Imke Leith. Eine einfache Frage hilft oft weiter: „Was ist das Schlimmste, das passieren kann?“ Viele Befürchtungen würden sich relativieren, wenn man die Antworten darauf aufschreibt oder mit Dritten bespricht. Mit den Konsequenzen, die tatsächlich eintreten könnten, sollte man sich jedoch auseinandersetzen, Alternativen durchdenken oder eine innere Haltung dazu entwickeln.
2. Klare Ziele haben
Leith rät, sich vorab immer zu überlegen, warum das Gespräch wichtig ist und welches Ziel man verfolgt. Eine klare innere Haltung helfe, selbstbewusst aufzutreten und Kontrolle zu behalten. Deshalb lohnt es sich auch, Zeit in die Vorbereitung zu investieren und sich zu überlegen:
- Welche Argumente stützen mein Anliegen?
- Welche Gegenargumente könnten kommen - und wie reagiere ich darauf?
- Welche Kernbotschaft will ich vermitteln?
„Klarheit und präzise Vorbereitung sind das A und O“, sagt auch Coachin und Speakerin Carina Hellmich. Das gibt Sicherheit. „Je genauer man weiß, was man erreichen will, desto sicherer fühlt man sich auch.“ Gleichzeitig helfe häufig die Gewissheit, dass man sich selbst nichts beweisen muss. „Ihr Wert hängt nicht davon ab, wie Ihr Gegenüber entscheidet.“
3. Körpersprache bewusst einsetzen
Um souverän durch ein herausfordernderes berufliches Gespräch zu kommen, sollte man auch auf die eigene Körpersprache achten. „Ihre Körpersprache signalisiert innere Stärke“, sagt Carina Hellmich. Eine aufrechte Haltung, ruhige Gesten und ein offener Blick zeigen der Expertin zufolge, dass Sie hinter Ihrem Anliegen stehen. Eine feste, aber freundliche Stimme signalisiert zusätzlich Entschlossenheit, so Leith.
Gerade wer mit Gegenwind rechnet und deshalb unsicher ist, sollte auf körperliche und mentale Präsenz setzen. „Visualisieren Sie sich im Gespräch, atmen Sie bewusst tief ein und aus - das beruhigt das Nervensystem und hilft Ihnen, fokussiert zu bleiben“, rät Coachin Carina Hellmich. Auch eine Anker-Geste könne helfen und zusätzlich Stabilität geben - etwa das bewusste Ablegen der Hände auf den Tisch.
„Ein bewährter Trick ist auch die Power Pose vor dem Gespräch“, so die Trainerin. Das geht so: zwei Minuten lang aufrecht stehen, Schultern zurück, Hände in die Hüften. Das signalisiere dem Körper Selbstsicherheit und beeinflusse die Ausstrahlung.
4. Fragen stellen
„Wer fragt, der führt - das ist ein grundlegendes rhetorisches Prinzip“, stellt Imke Leith klar. Fragen würden das Gespräch lenken und zwingen das Gegenüber zur Reflexion. Gleichzeitig verhindern sie, dass man sich in eine Verteidigungshaltung drängen lässt. Statt eine Konfrontation zu riskieren, rät die Kommunikationsexpertin, gezielt Fragen einzusetzen. Etwa:
- Was genau stört dich an meinem Vorschlag?
- Welche Alternativen siehst du?
- Was wäre für dich eine gute Lösung?
So nehme man dem Gesprächspartner in einem schwierigen Gespräch den Wind aus den Segeln. Anstatt eine pauschale Ablehnung auszusprechen, müsse sich die andere Person konkret mit dem Thema auseinandersetzen - und fühle sich gleichzeitig gehört.
5. Tempo senken, Namen nennen: auf Kurs bleiben
Wenn das Gespräch doch eine falsche Richtung einschlägt oder emotional aufgeladen wird, ist es Imke Leith zufolge wichtig, die Kontrolle zurückzugewinnen. Ein Trick der Expertin: Das Gegenüber beim Namen ansprechen und eine gezielte Frage stellen, um wieder auf Kurs zu kommen. Etwa so: Herr Meyer, was bedeutet das konkret für unsere Situation?
„Wenn Menschen ihren Namen hören, hören sie auf“, sagt Leith - im doppelten Sinne. „Sie hören und sie hören auf zu reden - für einen kurzen Moment.“ Diese Technik zwinge das Gegenüber, sich wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren.
Carina Hellmich empfiehlt, tief durchzuatmen und es direkt anzusprechen, sollte das Gespräch in eine falsche Richtung gehen: „Ich habe den Eindruck, dass wir uns vom eigentlichen Thema entfernen. Lassen Sie uns darauf zurückkommen.“ Das schaffe Klarheit, ohne konfrontativ zu wirken.
Falls Emotionen hochkochen oder das Gespräch ins Stocken gerät, empfiehlt die Coachin, bewusst das Tempo zu senken. Langsam sprechen, gezielt Pausen machen. Das bringe Ruhe. Es kann auch helfen, freundlich eine Pause vorzuschlagen. Oder - so Imke Leith - das Gespräch, falls nötig, zu vertagen. Etwa mit den Worten: „Ich habe das Gefühl, dass wir gerade nicht weiterkommen. Lass uns in Ruhe noch einmal Gedanken machen und das Gespräch morgen fortsetzen.“
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