Wohnungsnot in Uni-Städten: Studenten ohne Bleibe
Münster (dpa) - Wenn Studenten eine Bleibe suchen, brauchen sie in beliebten Uni-Städten entweder viel Geld oder eine Riesenportion Glück. Denn dort ist günstiger, zentraler Wohnraum Mangelware. Der Bund will bei der Suche helfen.
Wer ein freies Sofa findet, hat Glück gehabt. In Universitätsstädten wie Münster oder Greifswald erwartet Erstsemester schon vor Studienbeginn ein echter Stresstest. Vor allem zu Semesteranfang stehen Studenten bei WG-Castings und Wohnungsbesichtigungen Schlange. 50 Bewerber für ein WG-Zimmer sind dann keine Seltenheit. Das „Couchsurfing“, bei dem Studenten für ein paar Tage kostenlos auf anderer Leute Sofa übernachten können, ist für „Erstis“ oft der einzige Ausweg.
Rund 70 000 Studentenwohnungen fehlen laut Bundesbauminister Peter Ramsauer (CSU) bundesweit. Damit junge Menschen künftig schneller und günstiger ein Dach über dem Kopf haben, traf sich Ramsauer am Dienstag (27. November) mit Studentenwerken, Immobilienwirtschaft und Banken in Berlin, um über das Problem zu beraten. Nach seinen Vorstellungen könnten auch leerstehende Kasernen zu Wohnungen für Studenten umgebaut werden. Infolge der Föderalismusreform darf der Bund selbst den Wohnungsbau für Studenten nicht mehr fördern. Bis zu einem zweiten Runden Tisch im Frühjahr will Ramsauer verschiedene Vorschläge prüfen lassen.
Vielerorts ist der Wohnraum schon so knapp, dass manche radikale Lösungen suchen: „Es gibt Leute, die jetzt woanders studieren, weil sie hier einfach keine Wohnung gefunden haben“, sagt Uwe Warda, der die Wohnbörse bei der Studentenvertretung Asta in Münster betreut. Besonders eng ist es dort diesmal geworden, weil viele Studienanfänger aus dem benachbarten Niedersachsen kamen. Dort hatten zwei Jahrgänge gleichzeitig Abitur gemacht.
In der Facebook-Gruppe „WG-Suche in Münster“ häufen sich die Anfragen. Die Wunschliste der Studenten ist lang. Vor allem zentral gelegen und günstig sollten die Zimmer sein. Gerade das ist in beliebten Uni-Städten aber eine gewaltige Herausforderung. Am Semesteranfang sei es vorgekommen, dass Studenten für ein zwölf Quadratmeter großes Zimmer in einem abgelegenen Vorort 350 Euro zahlen sollten, erzählt Warda. „Vermieter glaubten plötzlich, genauso viel Geld nehmen zu können wie für ein Zimmer in der Innenstadt.“
Preisexplosionen gab es auch andernorts. In kaum einer anderen Stadt sind die Mieten für kleine Wohnungen in den vergangenen Jahren so gestiegen wie in Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern mit seinen rund 12 000 Studenten. Laut dem aktuellen Mietspiegel der Stadt kletterten die Kaltmieten für Wohnungen mit bis zu 30 Quadratmetern um zehn Prozent. „Wir haben in Greifswald das Problem, dass bezahlbarer Wohnraum fehlt“, sagt der zuständige Asta-Referent Nicolas Wartenberg.
Auch in München suchen Studenten oft lange nach einem Zimmer. Etwa 3000 junge Menschen warten dort nach Angaben des Studentenwerks gerade noch auf einen Platz in einem Studentenwohnheim. Davon gibt es in der bayerischen Landeshauptstadt nur 11 000. „Es kann nicht sein, dass reihenweise Bauplätze für leerstehende Bürogebäude verwendet werden und Studenten auf der Straße sitzen“, kritisiert Veronika Dorn von der Studierendenvertretung der Uni München. Im Oktober waren dort zwischenzeitlich zwei Studenten in einem Zimmer untergebracht gewesen und Matratzenlager errichtet worden.
Um zum Semesterstart eine Bleibe zu haben, sind Studenten in den Uni-Städten häufig auf die Gastfreundschaft der Einwohner angewiesen. „Viele Familien in Münster haben Studenten ihre Kinderzimmer angeboten und nur einen Zuschuss zu den Nebenkosten verlangt“, sagt Asta-Vertreter Warda aus Münster. Außerdem ließen 200 Wohngemeinschaften nach einem Asta-Aufruf Erstsemester auf ihrer Couch übernachten - als „Couchsurfer“.
„Innerhalb von einem Monat hat sich die Situation in der Regel deutlich entspannt“, sagt Asta-Referent Wartenberg über die Lage in Greifswald. Die meisten Studenten haben dann zwar ein Zimmer gefunden, müssen dafür aber oft tief in die Tasche greifen.