Der getäuschte Kunde

Was ist Kalbfleisch? Und was ist klassischer Kaffee? Nicht immer das, was man denkt.

Düsseldorf. An was denken Sie, wenn Sie im Supermarktregal ein Glas Würstchen mit der Aufschrift „Kalbswiener“ sehen? An Würstchen aus Kalbfleisch etwa? Damit können Sie ganz falsch liegen.

Eine Frau aus Offenbach schreibt zu eben diesem Fall auf der Internetseite Lebensmittelklarheit.de, die gestern von den Verbraucherzentralen vorgestellt wurde: „Beim Erwärmen der Würstchen kam mir der Geschmack doch recht befremdlich vor. Und dann las ich, was drin ist: 16 Prozent Kalb und 47 Prozent Schwein.“

Daraufhin wird sie von der Verbraucherzentrale in ihrer Antwort auf derselben Internetseite aufgeklärt: „Die Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse schreiben einen Mindestgehalt von 15 Prozent Kalbfleisch im Fleischanteil einer Wurstware vor, wenn die Produktbezeichnung das Wort ,Kalb’ beinhaltet.“

Nun erscheint die Antwort der Verbraucherschützer kaum weniger überraschend als das, worüber sich die Verbraucherin gewundert hatte. Aber auch die Verbraucherschützer können hier nur das zitieren, was gesetzlich vorgeschrieben ist. Mit ihrer neuen Internetseite können sie aber jedenfalls für Transparenz sorgen — und dabei den Verbraucher einbeziehen.

Denn so funktioniert sie, die neue Internetplattform: Kunden melden Lebensmittel, von deren Aufmachung sie sich getäuscht fühlen. Die Experten prüfen die gemeldeten Fälle und fordern von Herstellern eine Stellungnahme ein. Nach einer Frist werden Produkt, Kritik und Stellungnahme im Internet veröffentlicht. Hat sich der Hersteller nicht geäußert, wird das Produkt ohne Stellungnahme ins Internet gestellt.

Der Hersteller kann freilich auch reagieren, wie das Kaffee-Beispiel zeigt. Ein Verbraucher beklagte, dass der Kaffee „Onko klassisch“, wie der Text auf der Seite der Verpackung auch durchaus ehrlich zugab, aus Röstkaffee, Maltodexrin und Karamell bestand. Der Anteil des Röstkaffees betrug 88 Prozent. Der Hersteller reagierte schnell auf die Veröffentlichung und die Verbraucherschützer konnten vermelden: „Kraft Foods hat die Rezeptur von ,Onko klassisch’ geändert und bietet unter dieser Bezeichnung nun wieder einen Röstkaffee aus 100 % Kaffee an.“

Aus Verbrauchersicht der Idealfall. Und in diese Richtung geht auch der Anspruch der Verbraucherschützer: Dem Unmut der Kunden ein Ventil geben, die sich durch bildliche Darstellungen und Aussagen auf der Produktverpackung hinters Licht geführt fühlen — selbst wenn die gesetzlichen Vorgaben eingehalten wurden.

Übrigens: Wer keinen Internetzugang hat, kann das, worüber er sich bei der Lebensmittelkennzeichnung ärgert, auch anders kundtun: Die Verbraucherzentralen leiten Beschwerden weiter.