„Babo“ ist Jugendwort des Jahres - „Marketing-Gag“?
München/Berlin (dpa) - Wer oder was ist „Babo“? Wenn man der Wahl eines Verlages zum Jugendwort des Jahres 2013 glauben mag, ist dies das neue Lieblingswort von Jugendlichen. Es heißt so viel wie Boss oder Anführer.
Jugendforscher halten von der Wahl nicht allzu viel.
„Babo“ ist zum Jugendwort des Jahres 2013 gewählt worden. Für alle, die das jugendliche Alter überschritten oder das Wort einfach so noch nie gehört haben: Es bedeutet so viel wie Boss oder Anführer. Der Ausdruck erinnert an den türkischen Baba (Vater) und wird vor allem in kurdischen Gebieten der Türkei benutzt. Hierzulande bekannt gemacht hat den Begriff der deutsch-kurdische Rapper „Haftbefehl“ aus Offenbach — mit seinem Lied „Chabos wissen wer der Babo ist“ (Jungs wissen, wer der Boss ist).
„Babo“ wurde von Jurymitgliedern „jeden Alters, die sich auf ganz unterschiedliche Art mit Sprachen beschäftigen“, an die Spitze der Top-Fünf-Begriffe gewählt, wie der Langenscheidt-Verlag am Montag (25. November) bekanntgab. Dahinter landeten „fame“ für toll oder berühmt, „gediegen“, was lässig oder cool meint, „in your face“, was so viel heißt wie „Dir hab' ich's gegeben“ und „Hakuna Matata“, was gleichbedeutend ist mit „kein Problem“ oder „alles klar“.
Von der Wahl hält Jugendforscher Wolfgang Gaiser vom Deutschen Jugendinstitut (DJI) in München nicht viel. „Wenn Spaßformulierungen herausgehoben werden, als ob sie das Sprach- und Denkniveau der Jugend heute wären, verzerrt dies das Bild über die Jugend von heute“, sagte Gaiser. „Wir haben aber eine gut ausgebildete, weltoffene, sprachkompetente Jugend in Deutschland.“ Wenn „unter solchen komischen Labels“ der Eindruck erweckt werde, dass dies die Kommunikationsformen und die Themen seien, finde er das nicht angemessen. Auf diese Weise werde das Bild der Jugend ins Negative gezogen.
Mit der alljährlichen Wahl wirbt der Verlag auch für sein Lexikon „100% Jugendsprache“. „Mit solchen Spielereien Aufmerksamkeit für Verlagsprodukte zu erzielen und Leserschaften zu binden, ist ein geschickter Marketing-Gag“, sagte Gaiser.
Die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) bezeichnete die Wahl hingegen als eine schöne Idee. Der Leiter der GfdS-Sprachberatung, Lutz Kuntzsch, sagte aber auch: „Das Ganze ist ein Sprachspiel. Ich würde daraus nicht ableiten, dass die Jugend tatsächlich so spricht.“ Dass das Wort nun in die Allgemeinsprache aufgenommen wird, glaubt er nicht. „Ich vermute, dass das Wort etwas mehr frequentiert wird, die Wahl aber keinen großen Einfluss auf die langfristige Verbreitung haben wird.“ Deshalb brauche auch niemand befürchten, dass die Jugendsprache die Allgemeinsprache verhunze.
Kuntzsch selbst hatte das Wort „Babo“ erst einmal im Interview mit einer Studentin gehört - Ziel erreicht: Denn laut Gaiser vom DJI, der das Wort auch nicht kannte, soll genau das mit Jugendsprache erreicht werden: Abgrenzung - von Erwachsenen und anderen Jugendlichen.
Im Internet hatten Jugendliche ihre Vorschläge eingereicht, am Ende entschied eine Jury. Manch einer - ob Jugendlicher oder Erwachsener - kann mit „Babo“ wenig anfangen. Aber die Erfahrung haben viele schon in den vergangenen Jahren gemacht: „Yolo“ (englische Abkürzung für „Du lebst nur einmal“) war etwa das Jugendwort des Jahres 2012. „Swag“ als Bezeichnung für eine lässig-coole Ausstrahlung machte ein Jahr zuvor das Rennen.
Kritik gab es 2008 für das erste Jugendwort des Jahres - „Gammelfleischparty“ als Bezeichnung für eine Ü-30-Party: Die damalige niedersächsische Sozialministerin Mechthild Ross-Luttmann (CDU) bezeichnete es als das „Un-Wort des Jahres“, weil damit „per se Millionen von Menschen beleidigt“ werden.
Beleidigend ist „Babo“ nicht. Zumindest, wenn man kein koreanisch spricht: Da heißt „Babo“ nämlich nicht Vater oder Boss, sondern Dummkopf oder Narr.