Trauerhaus und Ringe: Produkte für Hinterbliebene im Kommen

Stuttgart/Köln (dpa) - Wer um einen Verstorbenen trauert, kann aus dessen Asche ein Porträt malen lassen - oder einen Bleistift machen. Weil Feuerbestattungen zunehmen, kommen mitunter ausgefallene Produkte auf den Markt.

Vergänglicher Schmuck, Bleistifte aus Asche oder Amulette mit Omas Kuchenrezept: Früher trugen Angehörige nach dem Tod eines lieben Menschen als Zeichen ihrer Trauer meist nur schwarze Kleidung - heute gibt es dafür spezielle Angebote.

„Es gibt mittlerweile viele Produkte, die den Erinnerungsaspekt stärker mit der Persönlichkeit des Verstorbenen verknüpfen“, sagt Bestattungsmarkt-Experte Dominic Akyel vom Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung in Köln. „Das sind zwar zurzeit noch Nischenprodukte, aber die Nachfrage danach steigt.“

Neben Bleistiften aus der Asche des Toten böten inzwischen auch Künstler an, daraus Porträts des Verstorbenen zu malen. „Produkte aus Totenasche gibt es allerdings erst, seit die Anzahl der Feuerbestattungen zugenommen hat“, erklärt Akyel.

Mittlerweile werden Tote ebenso häufig verbrannt wie begraben. Nach Einschätzung von Akyel dürfte es aber nicht mehr lange dauern, bis die Feuerbestattungen klar in der Überzahl sind.

Ein weiterer Grund sind ihm zufolge gesellschaftliche Veränderungen: „Die Menschen sind heutzutage deutlich mobiler als noch vor einigen Jahrzehnten. Deshalb gibt es in der deutschen Bestattungskultur einen klaren Trend hin zu flexiblen und mobilen Trauerorten.“

Erkannt hat das auch der Bestattungsunternehmer Michael Vollmer aus Titisee-Neustadt im Schwarzwald. Er bietet nach der Einäscherung des Leichnams gleich das passende „Haus im Himmel“. Hinterbliebene können dieses Holzhäuschen auf Wunsch individuell bemalen lassen und dann die Asche des Verstorbenen darin aufbewahren.

In Deutschland ist es streng genommen zwar nicht zulässig, Kremationsasche zu Hause zu lagern - es besteht Bestattungszwang. Nach Angaben von Vollmer sind aber manchen Krematorien bereit, einen kleinen Teil der Asche für die Hinterbliebenen zu entnehmen.

„Das ganze Bestattungsgewerbe verändert sich in Richtung Individualität“, erklärt Vollmer, der seit 35 Jahren in der Branche arbeitet. Seit mehr als vier Jahren hat er die Häuser im Angebot, wie er erzählt. Seitdem seien die Verkaufszahlen jährlich um 10 bis 15 Prozent gestiegen.

Seine Produkte, die je nach Beschaffenheit schon mal mehrere hundert Euro kosten können, wollte er am Samstag auf der Messe „Lebenswende“ (23. bis 25. November) in Stuttgart zeigen. Das Branchentreffen befasst sich mit Produkten und Dienstleistungen rund um das Thema Tod und Trauer.

Aber darf man beim Thema Tod überhaupt nach dem Geld fragen? „Im Bestattungsmarkt existiert eine Spannung zwischen wirtschaftlichem Handeln und moralischen Wertvorstellungen“, sagt Akyel. „Weil immer die Frage "Wie viel ist mir der Tote wert?" mitschwingt, darf man beim Bestattungskauf nicht geizig sein. Deshalb werden Preise nicht mit der gleichen Selbstverständlichkeit verglichen wie in anderen Bereichen.“

Der Gesamtumsatz der Branche hat nach Angaben des Fachmanns aber zugenommen. Zuletzt lagen die Erlöse bei 16 Milliarden Euro - Nischenprodukte wie Vollmers Häuser noch nicht mitgerechnet.

Ähnliche Beobachtungen zur Preisgestaltung hat auch die Geschäftsführerin von ConVela, Stefanie Oeft-Geffarth, gemacht. Sie bietet nach eigenen Angaben Produkte zur „Erinnerungskultur“ an - darunter Trauernadeln zum Anstecken und Amulette. „Es ist die moderne Interpretation des klassischen Trauerflors“, sagt sie. „Kaum einer trägt heute noch Schwarz.“ Im ersten Geschäftsjahr habe sie 5500 Trauernadeln verkauft, im zweiten Jahr sollen es 7000 werden.

„Am Anfang haben wir fünf Euro für die Trauernadel genommen und sie damit unter Wert verkauft“, berichtet Oeft-Geffarth. „Das haben uns die Kunden auch gespiegelt.“ Mit einem vermeintlichen Billigprodukt wollte scheinbar niemand um seine Liebsten trauern. Heute kostet die Nadel fünfmal so viel wie zu Beginn. Auch Diamantringe aus der Asche des Verstorbenen bietet ConVela an.

Bei den Amuletten mache sich indes der Wunsch nach Individualität bemerkbar, erzählt Oeft-Geffarth, deren Unternehmen in Halle (Sachsen-Anhalt) sitzt. Eine Kundin habe in eines etwa das Kuchenrezept ihrer verstorbenen Großmutter gravieren lassen - in deren eigener Handschrift.

Das bestätigt auch Goldschmiedin Ulrike Werkmeister aus Tübingen, die vergänglichen Trauerschmuck verkauft. Egal ob Ringe oder Perlenketten - alles zerfällt im Laufe der Zeit, je nachdem, wie oft es getragen wird. Auch ihre Kunden bestellten die vergänglichen Accessoires häufig mit individuell eingearbeitetem Material: „Das kann die Asche eines Fotos sein, aber auch Haare des Toten.“