Eine Auszeit für das Ich
Eltern müssen ihre eigenen Bedürfnisse durchsetzen.
Köln. Sind die Eltern gestresst, leiden darunter meist auch die Kinder. Sich Auszeiten zu nehmen, fällt Müttern und Vätern im Alltag aber oft nicht leicht. „Sie nehmen es sich vor, es geht dann aber schnell unter“, sagt Michaela Herchenhan. Sie ist familienpolitische Sprecherin der Deutschen Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie (DGSF). Dagegen helfe nur, ein oder zwei Stunden reservierte Zeit immer wieder liebevoll durchzusetzen. Am besten wird sie in den Kalender eingetragen und klar gegenüber den Kindern angekündigt. „In dieser Stunde beschäftigst du dich selbst oder bist bei der Oma“, schlägt Herchenhan vor.
Vor allem Mütter seien gut darin, eigene Bedürfnisse zurückzustellen. Sie hätten schnell Angst, sonst als Rabenmutter dazustehen. „Stattdessen sollten sie sich fragen: ,Wie geht es meinem Kind mit einer unglücklichen Mutter?’“, sagt Herchenhan. Es sei legitim und wichtig für die Zufriedenheit der ganzen Familie, regelmäßig Zeit für sich zu haben. Was man dabei mache, sei egal: Lesen, Nichtstun oder Schlafen. „Es muss Spaß machen und darf nicht mit weiterer Arbeit gefüllt werden.“
Laut einer am Donnerstag in Berlin vorgestellten Familienstudie der AOK, fühlt sich fast die Hälfte der Eltern stark durch Hektik und Zeitmangel belastet (46 Prozent). Über zu wenig Zeit mit dem Partner klagen 50 Prozent, über zu wenig persönliche Zeit 38 Prozent. Je gestresster die Eltern sind, umso häufiger zeigen Kinder außerdem gesundheitliche Beschwerden. Neben der Zeit für einen selbst, darf auch der Partner nicht vergessen werden. „Die Partnerschaft ist für die Stabilität der Familie unumgänglich.“ Diese Basis müsse stark sein. Erreichen können Paare das ebenfalls mit einem Ritual. „Einmal die Woche einen Abend reservieren, an dem man essen geht, gemeinsam etwas kocht und der Babysitter die Kinder versorgt“, rät Herchenhan.