Hilfe, meine Eltern trennen sich: Tipps für Scheidungskinder

Fürth (dpa/tmn) - Urlaube, Familienfeiern und Wochenenden sind nicht mehr das Gleiche: Wenn die Eltern sich trennen, bricht für ihre Kinder erst einmal eine Welt zusammen. Manch einer verkriecht sich im Zimmer, der andere flüchtet sich nach draußen.

Besonders Jugendliche leiden unter der Trennung ihrer Eltern. Denn gerade in der Ablösungsphase vom Elternhaus brauchen sie ihre Unterstützung, sagt Bodo Reuser von der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung (bke). Der Diplom-Psychologe kennt die Probleme der Trennungskinder.

Rund 20 Prozent der Kinder in Ehen erleben eine Trennung der Eltern, sagt Reuser. Jährlich sind laut Statistischem Bundesamt rund 140 000 Kinder von der Scheidung ihrer Eltern betroffen. Hinzu kommen Kinder, deren Eltern nicht verheiratet waren. Mit diesen Tipps überwinden Jugendliche möglichst unbeschadet die Zeit nach der Trennung:

1. Die Gefühle rauslassen: Die beste Möglichkeit, um mit der Angst, Wut, Trauer und Verzweiflung umzugehen, ist, offen über seine Gefühle zu sprechen. Besser als grübeln ist es, Trauer und Wut herauszulassen. „Heulen, sich im Keller verkriechen und herumschreien oder durch den Wald laufen können da hilfreich sein“ sagt Reuser.

2. Mit den Eltern aussprechen:Jugendliche sollten ihre Eltern ohne Vorwürfe fragen, was los ist. Sprachlosigkeit und falsche gegenseitige Rücksichtnahme helfen nicht weiter. Darauf weist Beate Friese vom Kinder- und Jugendtelefon „Nummer gegen Kummer“ hin. Auf jeden Fall sollten Jugendliche mit beiden Eltern sprechen, um sich nicht auf eine Seite ziehen zu lassen. Sind Mama und Papa nicht sofort offen für ein Gespräch, hilft nur wieder nachzufragen und beide an ihre Elternrolle zu erinnern. Wem es schwer fällt, über die Trennung zu sprechen, der könne einen Brief oder eine E-Mail schreiben.

3. Auf ein Mitspracherecht pochen: Außerdem sollten Jugendliche darauf bestehen, dass sie bei Entscheidungen wie einem Umzug einbezogen werden. Gemeinsam mit den Eltern sollten sie besprechen, wie es weitergeht, rät Köhn. Ob sie zwischen beiden Eltern pendeln oder bei einem Elternteil einziehen wollen: Jugendliche können mitsprechen. Fühlen sie sich durch den Konflikt der Eltern benachteiligt, ist es möglich, sich ans Jugendamt zu wenden, sagt Köhn.

4. Unterstützung holen: In einem „Familien- oder Unterstützerrat“ könnten Jugendliche gemeinsam mit Eltern, Verwandten und Freunden überlegen, wie sie durch die schwierige Zeit kommen und was ihnen gut tut, sagt Köhn. Unterstützen bei der Lösung von Konflikten leisten auch örtliche Erziehungs- und Familienberatungsstellen, kostenfreie Angebote der Online-Beratung per Chat oder Mail sowie das Sorgentelefon.

5. „Ersatzeltern“ suchen: Sind die Eltern mit sich selbst beschäftigt, können Freunde, Eltern von Freunden, Verwandte oder Bekannten mit ähnlichen Erfahrungen Halt, Orientierung und Geborgenheit geben. So fällt es vielen Jugendlichen leichter, sich von den Eltern abzulösen und mit der Situation umzugehen, sagt Reuser.

6. Eigenen Interessen nachgehen: Jugendliche sollten ihr eigenes Leben behalten und Hobbys nicht vernachlässigen. „Man muss sich nicht schlecht fühlen, weil sich die Eltern schlecht fühlen,“ sagt Friese. Wer sich zu Hause einigelt, verliere den Anschluss an die Freunde.

7. Nicht einmischen: Machen die Eltern sich gegenseitig schlecht oder fühlt man sich zwischen den Stühlen, setzen Jugendliche am besten klare Grenzen, rät Reuser. Sie sollten nicht versuchen, die Eltern gegeneinander auszuspielen. Außerdem sollte man sich nicht von einem oder beiden Elternteilen instrumentalisieren lassen oder zulassen, dass sie ihre Verletzungen bei einem abladen. Das überfordert. Besser sei es, sich abzugrenzen: „Macht das unter euch aus“, empfiehlt Reuser als Ansage.

8. Sich keine Vorwürfe machen: Schuldig sollten Jugendliche sich auf keinen Fall fühlen. Jeder habe seinen Teil zur Trennung beigetragen, aber niemand sei schuld daran, sagt Reuser. Offen zu sagen, dass man sich wünscht, dass die Eltern wieder zusammenkommen, ist völlig okay. Aber Trennungskinder sollten sich nicht dafür verantwortlich fühlen, dass sich die Eltern wieder vertragen, erläutert Friese.

9. Offen sein für neue Partner: Einen möglichen neuen Partner sollten Jugendliche sich so offen wie möglich anschauen, rät Friese. Denn auch die Eltern haben ein Recht darauf, etwas Neues aus ihrem Leben zu machen. Der neue Freund der Mutter könne den Vater zwar nicht ersetzen - aber ein guter Freund werden.

Service:

- Gratis-Telefonseelsorge: +49 0800 1110111 oder +49 0800 1110222 (Montag bis Sonntag, 0.00 bis 24.00 Uhr)

- „Nummer gegen Kummer“ (kostenfrei): +49 116111 oder +49 0800 1110333 (Montag bis Samstag, 14.00 bis 20.00 Uhr)

- Sorgentelefon für Kinder und Jugendliche der Aktion Hilfe für Kinder (kostenlos): +49 0800 3649120 (Montag bis Freitag, 15.00 bis 18.00 Uhr), sorgentelefon@aktion-hfk.de