Respekt und gute Organisation: Doppelkarriere mit Kind

Hamburg (dpa/tmn) - Karrierefrauen sind Rabenmütter, Elternzeitväter Weicheier: Die Klischees über Doppelkarrierepaare halten sich hartnäckig. Dabei zeigen immer mehr Beispiele, dass sich Kinder und beruflicher Erfolg für beide Partner nicht ausschließen.

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Das Kind ist da, die Frau bleibt zu Hause, der Mann verdient das Geld: „Diese Verteilung ist nach den Ergebnissen zahlreicher soziologischer Studien noch bei einem überwiegenden Teil der Paare so“, sagt die Familiensoziologin Sabina Stelzig-Willutzki von der Hochschule für Angewandte Familienwissenschaften in Hamburg.

Bei der Entscheidung, wer zu Hause bleibt, spielen finanzielle Gründe eine entscheidende Rolle, erklärt Alexandra Miethner vom Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) in Bonn. Weil Frauen durchschnittlich weniger verdienen, sind es häufiger sie.

Doch bei diesem klassischen Modell ist einiges in Bewegung gekommen: „Heute wollen trotz Kind beide Partner beruflich erfolgreich sein“, sagt Stelzig-Willutzki. Muss einer der Partner auf beruflichen Erfolg verzichten, ist das ein Risikofaktor für spätere Beziehungskonflikte.

Merkt eine Frau, dass sie nicht länger zurückstecken möchte, muss sie es offen ansprechen. „Da darf es keine Tabus geben“, sagt Paartherapeutin Bettina Jellouschek-Otto aus Ammerbuch. Am besten reden Paare frühzeitig über ihre Karrierepläne, empfiehlt Elisabeth Nicolai, stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Systemische Therapie (DGSF). „Sie sollten klären, ob beide einen Kinderwunsch haben und welchen Zeitpunkt sie dafür geeignet finden.“

Damit Kind und Karriere klappt, ist Planung wichtig: „Voraussetzung sind klare Absprachen, eine gute Organisation, Unterstützung bei der Kinderbetreuung und die Bereitschaft zu Kompromissen“, sagt Miethner. Auch Jellouschek-Otto glaubt ans Gelingen von Doppelkarrieren: „Aber es braucht eine stabile, liebevolle Partnerschaft, eine gehörige Portion Selbstbewusstsein, Gelassenheit, Humor, ein gesundes, in sich ruhendes Kind und unterstützende Freunde“.

Für die Psychotherapeutin Astrid Schreyögg aus Berlin sind Doppelkarrieren Alltag. In ihrer Familie seien die Männer stolz auf ihre berufstätigen Frauen. „Wir haben Helfer im Haushalt und für die Kinder“, erklärt die Autorin des Buchs „Familie trotz Doppelkarriere“. Durch gute Organisation ließen sich potenzielle Konflikte so vermeiden.

Von großer Bedeutung sei, dass die Rahmenbedingungen außerhalb der Partnerschaft stimmen, betont Stelzig-Willutzki. Verständnis vom Arbeitgeber und gute Kinderbetreuung zum Beispiel seien nötig. „Paare scheitern mit ihrem Wunsch noch viel zu oft an zu starren Strukturen“, sagt sie. Besonders schwierig sei die „rush hour of life“, wenn junge Paare in nur wenigen Jahren alles gleichzeitig bewerkstelligen sollen: Partner finden, Karriere starten, Kinder bekommen.

Besser klappt eine Doppelkarriere Miethners Erfahrung nach mit einer zeitlichen Verschiebung, bei der jeweils nur ein Partner für eine bestimmte Zeit seine Karriere forciert. Wichtig für eine gelungene Doppelkarriere sei, dass beide Partner lernen, zurückzustecken. „Die Zeiten, die jeder mit dem Kind und seiner Organisation verbringt, sollten ausgeglichen sein“, findet Jellouschek-Otto.

Passen manche Anforderungen durch Kind und Haushalt nicht in die Zeitrahmen beider Partner, muss Unterstützung durch Dritte her, rät Stelzig-Willutzki. Und bei aller Termindichte dürfe Zeit für einander, in der Themen wie Haushalt, Kindererziehung und Alltagsorganisation ausgespart sind, nicht fehlen.

Literatur:

Schreyögg, Astrid: Familie trotz Doppelkarriere. Vom Dual Career zum Dual Care Couple, Springer VS, 34,99 Euro ISBN-13: 978-3658016746