Unvergesslicher Abschied: So wird der Abiball zum Erfolg

München (dpa/tmn) - Prachtvolles Kleid, feiner Anzug und große Erwartungen: Der Abiball ist für Jugendliche oft das Highlight der Schulzeit. Den Abend sollten sie aber nicht zu sehr überfrachten. Sonst kann die Stimmung leicht kippen.

Der Abiball ist für viele Jugendliche der Höhepunkt ihrer Schulzeit. Jungen und Mädchen wollen ihren Abschluss gebührend feiern — sich, ihre gemeinsamen Jahre, die Zukunft. Das Fest findet zu einem heiklen Zeitpunkt statt: Es ist ein Abschied und zugleich ein Neuanfang. Und je höher die Erwartungen, desto größer ist die Gefahr, dass sich der Druck entlädt. Damit der Abend nicht in Enttäuschungen und Streit endet, hilft es, sich seine unrealistischen Vorstellungen bewusst zu machen - und mit Mitschülern darüber zu reden.

An einem Abend wie dem Abiball ist die Anspannung hoch. „Das ist wie bei Weihnachten und Hochzeiten“, sagt der Jugendpsychotherapeut Peter Lehndorfer. Nach dem Ball beginne für die meisten Jugendlichen ein neuer Lebensabschnitt, auf den viele mit Neugierde, aber auch mit Verunsicherung reagierten. Dabei hat der Ball durchaus einen Sinn: Er ist ein Ritual. „Und das brauchen wir, um bestimmte Dinge abzuschließen oder zu beginnen.“

Einen besonderen Abend wünscht sich auch Luise Härtel. „Er soll in Erinnerung bleiben“, sagt die 17-jährige Münchnerin, die mit einigen Mitschülern den Abiball ihrer Stufe organisiert. Sie hofft, dass alles harmonisch abläuft. Um die verschiedenen Wünsche von fast 100 Abiturienten unter einen Hut zu bringen, trifft Luise sich oft mit ihrer Abifeier-Gruppe, um den Ball auf die Beine zu stellen. Viel Zeit und Geld investieren Schüler heute in das Abschlussfest — und all das während der Vorbereitung auf die Prüfungen.

Doch auch der Ballabend selbst hat seine Tücken. Allen voran die Mädchen denken an bodenlange Ballroben, hohe Schuhe, Make-up — alles muss sitzen. „Wenn Fotos gemacht werden, dann will man auch gut aussehen“, sagt Luise. „Es ist ein bisschen dekadent geworden, diese amerikanische Prom-Stimmung. Aber es macht ja Spaß.“

Was aber passiert, wenn die beste Freundin - oder noch schlimmer: eine Feindin - das Gleiche tragen? Für einige Mädchen wäre das eine Katastrophe, weiß die Schulpsychologin Eva Breitenbach-Grill. Doch es gibt ein einfaches Mittel, um Enttäuschungen zu vermeiden: Wer sich das Denkmuster „Ich muss die oder der Beste und Tollste sein“ bewusst macht, ist schon dabei, es aufzulösen. Gruppendruck lässt sich abbauen, indem Jugendliche mit ihren Freunden darüber sprechen. Statt sich ständig mit anderen zu vergleichen, könnten Jugendliche laut Breitenbach-Grill das Kriterium „Ich will mich wohlfühlen“ beherzigen.

Was die Kleiderwahl anbelangt, wählen die Schüler am besten etwas, was ihrem Charakter entspricht. Streit gebe es mit den Eltern meist darüber, wie freizügig die Kleidung sein darf: Wer älter als 18 Jahre sei, könne natürlich frei entscheiden, sagt Therapeut Lehndorfer. Jüngere verhandeln besser mit Mutter oder Vater: „Nicht, dass sonst die Stimmung darunter leidet.“

Verhandlungsgeschick erfordert auch die Frage, ob beide Elternteile am Abend des Abiballs dabei sind - vor allem bei geschiedenen Paaren kann das problematisch werden. Wollen Mutter und Vater nicht am selben Tisch sitzen, sind viele Jugendliche enttäuscht. Sie können in solchen Fällen ihren Eltern klarmachen: „Es geht nicht um euch, sondern um mich, euer Kind“, rät Lehndorfer. Doch bevor es Streit gibt, kommt besser nur einer. Wer derartige Situationen befürchtet, sollte offen seine Bedenken ansprechen.

Die Emotionen kochen aber vielleicht nicht nur mit den Eltern hoch, sondern auch mit den Freunden. Der Jahrgangsbeste steht die ganze Zeit im Mittelpunkt, der Schwarm aus dem Matheleistungskurs interessiert sich viel zu sehr für die beste Freundin. „Neid und Eifersucht sind menschliche Gefühle, die sind dann erst mal da“, sagt Lehndorfer. Auch hier rät er Jugendlichen, das Gespräch zu suchen. Im Ernstfall aber hilft nur zu gehen — oder es auszuhalten und sich abzulenken.

Droht die Stimmung am Ballabend zu kippen, muss das aber nicht unbedingt an der Gruppendynamik liegen. Meist spielt Alkohol eine Rolle. Besonders Jungs überschätzten oft ihre Trinkfestigkeit, sagt Schulpsychologin Breitenbach-Grill. „Zu vorgerückter Stunde kommen Tränenausbrüche schon mal vor.“ Besser sei deshalb, es mit Bier und Cocktails nicht zu übertreiben. Jugendliche sollten sich vor Augen halten: „Es ist ein toller Abend, aber ich sollte nicht so viel trinken, dass ich danach nichts mehr davon weiß.“

Merken Jugendliche, dass einer ihrer Mitschüler zu tief ins Glas geschaut hat, sollten sie ihn unter ihre Fittiche nehmen, rät Lehndorfer. Manchmal sei es dann besser, die Emotionen erst einmal bis zum nächsten Tag abflauen zu lassen — und später in Ruhe darüber zu sprechen. Denn der Abiball ist zwar ein Abschied - aber nicht das Ende.