Der richtige Anlage-Mix - Aus wenig Zinsen viel rausholen
Düsseldorf (dpa/tmn) - Tief, tiefer, am tiefsten - die Europäische Zentralbank EZB hat den Leitzins erneut gesenkt. Die Zinsen im Euroraum sind jetzt so niedrig wie noch nie. Anleger sollten sich auf die neue Situation einstellen - andernfalls verlieren sie Geld.
Weniger geht kaum: Bei 0,5 Prozent liegt der Leitzins im Euroraum seit Donnerstag (2. Mai). Ein Rekordwert, denn so niedrig war das Zinsniveau noch nie. Was für die Wirtschaft gut sein mag, ist für Sparer eher schlecht. Denn das niedrige Niveau der Leitzinsen wird vermutlich auch die Rendite der festverzinslichen Sparanlagen weiter drücken. Höchste Zeit also, dass Kleinanleger einen kritischen Blick in das eigene Depot werfen.
„Die Situation ist schon erschreckend“, sagt Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) in Düsseldorf. „Denn die Rendite bei vielen klassischen Sparprodukten ist heute eigentlich negativ.“ Der Grund: Weil die Zinsen, die Sparer bei den meisten Sparbüchern, Banksparplänen, Tages- oder Festgeldkonten bekommen, niedriger sind als die Inflationsrate, verliert ihr Kapital kontinuierlich an Wert.
An dieser Situation wird sich so schnell nichts ändern, glaubt Marc Krzewinski von der WSH Deutsche Vermögenstreuhand in Düsseldorf. „Es gibt dafür keine Anzeichen.“ Denn nach wie vor seien die Krisen nicht ausgestanden. Die Maßnahmen der EZB aber stoßen allmählich auf Kritik: „Sinkende Zinsen bedeuten einen sinkenden Anreiz für das Sparen“, heißt es in einer Erklärung des Bundesverbandes der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken, des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes und des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft. „Dabei müssen die Menschen heute mehr als bisher vorsorgen, um ihren Lebensstandard im Alter zu sichern.“
Damit das auch wirklich gelingt, sollten Sparer spätestens jetzt aktiv werden. Der erste Schritt: „Überlegen Sie sich, wie viel Risiko Sie in Kauf nehmen können und wollen“, sagt Julia Topar vom Bundesverband deutscher Banken in Berlin. Auch Vermögensverwalter Marc Krzewinski rät: „Sie sollten sich grundsätzliche Fragen beantworten: Wie viel Risiko kann ich eingehen? Wie lange kann ich auf einen Teil meines Geldes verzichten? Wie hoch sollten meine liquiden Mittel sein?“
Der zweite Schritt: „Sie müssen ihr Vermögen breit streuen über alle Anlageklassen: Festverzinsliche Papiere, Geldwerte, Aktien, Rohstoffe“, sagt Krzewinski. Nur auf diese Weise könnten Anleger in Zeiten niedriger Zinsen verhindern, dass ihr Vermögen weiter nach und nach an Wert verliert. „Es kommt auf den richtigen Mix an“, erklärt auch Julia Topar.
Aktien bekommen in diesem Umfeld eine immer größere Bedeutung. „Vor allem institutionelle Anleger müssen auch in risikotragende Wertpapiere investieren, um die versprochenen Renditen zu erwirtschaften“, sagt Krzewinski. „Das Risiko der Kursschwankungen müssen sie dabei in Kauf nehmen.“ Auch Kleinanleger sollten sich von diesem Risiko nicht abschrecken lassen. „Aktien sind ein wichtiger Baustein im Depot.“
Allerdings empfiehlt es sich, nur einen Teil des Vermögens in Aktien anzulegen, findet Jürgen Kurz. „Das Geld muss außerdem für längere Zeit entbehrlich sein“, sagt der Wertpapierexperte. Denn wer in Aktien investiert, müsse genug Zeit haben, schlechte Kursentwicklungen auszusitzen. „Fünf Jahre sollte man schon einplanen.“
Bei der Auswahl der Aktien ist Sorgfalt geboten: „Kaufen Sie nur Aktien von Unternehmen, deren Geschäftsmodell Sie auch verstehen“, sagt Kurz. Ohnehin wird das Geld besser auf verschiedene Titel aus unterschiedlichen Branchen und möglicherweise sogar Ländern verteilt. Wem das zu aufwendig sei, der könne auch auf Fonds setzen. Doch egal ob Fonds oder einzelne Aktien: „Es gibt Kursschwankungen“, sagt Kurz. „Das muss man aushalten können.“
Einen Teil des Vermögens sollten Sparer daher in sichere, verzinste Anlagen bei Banken stecken, empfiehlt Uwe Döhler von der Stiftung Warentest in Berlin. Denn hier sei die Rendite garantiert - auch in Zeiten niedriger Zinsen. „Am besten ist es, Sie setzen auf eine flexible Strategie“, rät Döhler. Wer verschiedene Laufzeiten miteinander kombiniert, könne unter Umständen auch mehr als die Inflationsrate rausholen. Denn je länger Geld bei einer Bank fest angelegt wird, desto höher ist der Zins.